Moers Polizei schützt den Weihnachtsmarkt

Moers · Mit einer Andacht gedenken Schausteller und Besucher in Moers der Opfer des Anschlags von Berlin.

 Schwer bewaffnete Polizisten gestern Nachmittag auf dem Moerser Weihnachtsmarkt.

Schwer bewaffnete Polizisten gestern Nachmittag auf dem Moerser Weihnachtsmarkt.

Foto: Klaus Dieker

Schon nach wenigen Schritten steht den Männern der Kreispolizei, die auf dem Moerser Weihnachtsmarkt Dienst tun, trotz der niedrigen Temperaturen der Schweiß auf der Stirn. Neben den Maschinenpistolen tragen sie schwere schusssichere Westen. "Die liegen sonst nur im Auto und sollen eigentlich nur bei akuten Einsätzen angelegt werden. Aber heute müssen wir sie tragen. Anordnung vom Innenminister."

Seit gestern Mittag, 13 Uhr patrouillieren so ausgerüstete Doppelstreifen über den Weihnachtsmarkt. Die leichten, ebenfalls schusssicheren Westen, die die Polizisten sonst unter der Kleidung tragen, bleiben hier wie im gesamten Land im Auto. Zudem sind an der Haagstraße drei schwere Betonpoller aufgestellt worden, die von Lkw angeblich nicht zu durchbrechen sind.

 Gedenkminute auf der Weihnachtsmarkt-Bühne: Pfarrer Herbert Werth (links), Pfarrerin Christine Münker-Lütkehans und Michael Birr.

Gedenkminute auf der Weihnachtsmarkt-Bühne: Pfarrer Herbert Werth (links), Pfarrerin Christine Münker-Lütkehans und Michael Birr.

Foto: Dieker Klaus

Die Polizeipräsenz auf den Weihnachtsmärkten, die aufgrund der allgemeinen Gefahrenlage ohnehin schon größer war als in den Vorjahren, ist noch einmal erhöht worden. Nach dem Anschlag in Berlin, so die Hoffnung von Innenminister Ralf Jäger, sollen die Menschen sich sicher fühlen.

Aber bei allem Schrecken über das Blutbad auf dem Breitscheidplatz scheinen die Menschen auf dem Moerser Weihnachtsmarkt doch relativ nüchtern mit dem Ereignis umzugehen: "Bei uns ist so viel los wie immer", sagt Lars Mehrholz, der wie in jedem Jahr in Moers seinen Backfisch verkauft. Auch Sabine Olislagers aus Rheurdt lässt sich nicht davon abhalten, mit ihrer Großnichte den Markt zu besuchen und ein Lebkuchenherz als Andenken zu kaufen: "Das habe ich der Kleinen versprochen." In Moers fühle sie sich "relativ sicher". Allerdings werde sie nicht, wie in früheren Jahren, auf einen der Märkte in den nahen Großstädten fahren.

Im Gegensatz zu vielen Besuchern, die vom Anschlag in Berlin nur aus dem Fernsehen oder der Zeitung erfahren haben, sind viele Händler und Gastwirte auf dem Markt sehr viel direkter betroffen. Denn die Welt der Schausteller ist klein. Man kennt sich, und das Netzwerk ist durch das Aufkommen der sozialen Medien noch enger geworden. Und so kommt es, dass viele Händler und Wirte mit dem Lkw-Anschlag von Berlins schon konfrontiert wurden, als die Fernseh-Zuschauer noch arglos vor ihren Bildschirmen saßen. Auch Dirk Aberfeld, Sprecher der Beschicker des Moerser Weihnachtsmarktes, ist Mitglied in einer Whatsapp-Gruppe, in der Schausteller sich über das Geschehen in der Branche austauschen. "Kurz nach acht habe ich davon erfahren", berichtet er. "Da waren Videos von Kollegen zu sehen mit vielen Verletzten. Einer hat geschrieben: ,Es ist wie im Krieg'".

Die meisten Händler auf dem Markt kennen etwa Mario Blume. Der Berliner hat in den vergangenen Jahren die Hütten für den Moerser Weihnachtsmarkt geliefert. In diesem Jahr standen seine Holzhäuschen aufgrund von Terminproblemen nur auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Er selbst war zum Zeitpunkt des Anschlags nicht dort. "Aber mein Bruder hat alles miterlebt", berichtet Blume. "Der Lkw ist nur 15 Meter von seinem Stand entfernt zum Stehen gekommen."

Aufgrund der vielfältigen persönlichen Betroffenheit ist es für Weihnachtsmarkt-Organisator Michael Birr einfach, die Schausteller zu einer Andacht und einer Schweigeminute zu bewegen. Am Abend läuten zunächst die Glocken von St. Josef, kurz darauf die der Moerser Stadtkirche. Pfarrerin Christine Münker-Lütkehans und Pfarrer Herbert Werth bitten die Besucher des Weihnachtsmarktes von der sonst Schlagersängern und Rockbands vorbehaltenen Bühne herab, der Opfer des Anschlags zu gedenken. Und das Unglaubliche geschieht: Der eben noch wuselige Weihnachtsmarkt wird ganz still.

(RP)
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