Moers/Kleve Prozess: Messerattacke in Flüchtlingsheim

Moers/Kleve · Bei einem Streit in einer Flüchtlingsunterkunft an der Franz-Haniel-Straße hat ein Flüchtling im Juni einen Mitbewohner mit einem Teppichmesser im Halsbereich verletzt. Seit gestern steht der 33-jährige Täter vor Gericht.

 Flüchtlingsunterkunft an der Franz-Haniel-Straße.

Flüchtlingsunterkunft an der Franz-Haniel-Straße.

Foto: kdi

Ein 33-Jähriger steht seit gestern wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Er soll einen Mitbewohner in einer Asylunterkunft mit dem Messer attackiert haben. Bei der Verhandlung vor dem Landgericht in Kleve soll geprüft werden, ob eine psychische Erkrankung des Asylbewerbers für die Tat verantwortlich ist. Sollte sich der Verdacht bestätigen, kann die große Strafkammer eine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen. Der Beschuldigte ist Marokkaner und lebte zur Tatzeit in einem Asylbewerberheim an der Franz-Haniel-Straße. Dort soll es am 4. Juni 2016 zu dem Angriff auf einen Mitbewohner gekommen sein.

Der 33-Jährige mit den dunklen, kurz geschorenen Haaren war nach eigenen Angaben am selben Tag aus dem psychiatrischen Krankenhaus in Rheinberg entlassen worden. Der Aufenthalt dort sei allerdings nur kurz gewesen, weil er sich in dem Krankenhaus eingeengt gefühlt habe, sagte der Mann. Die weitere stationäre Behandlung sei ihm zwar von den Ärzten nahegelegt worden, den Rat habe er aber ignoriert. Der Dolmetscher hatte zum Teil Schwierigkeiten, den Redefluss des Mannes zu unterbrechen, um die Ausführungen zu übersetzen. Auf Nachfragen des Gerichts antwortete der 33-Jährige zum Teil sehr ausschweifend. Konkrete Angaben zum Kerngeschehen gab es dagegen nicht.

Mit einem präzisen "Ich bin der Täter, das ist 100 Prozent sicher", bekannte er sich zu dem Angriff. An Einzelheiten könne er sich aber nicht erinnern. Er wisse noch, dass er das Teppichmesser in die Höhe hielt, aber nicht, ob die Klinge überhaupt ausgefahren war. Auch konnte er sich auf Nachfrage daran erinnern, dass sein Mitbewohner davon lief und er ihn verfolgte. Ob er überhaupt zustach, wisse er nicht, habe aber gesehen, dass der andere Mann sich blutend in den Raum des Sicherheitsdienstes flüchtete. "Ich wusste nicht, ob mein Messer ihn verletzt hat", wiederholte der 33-Jährige.

Probleme mit dem späteren Opfer habe es schon seit etwa einem Jahr gegeben. Zuvor sei der Mitbewohner noch ein Freund von ihm gewesen. Die Freundschaft mit dem Landsmann habe er aber beendet, weil sie ihm nicht guttat. Ein großes Problem sei es für ihn gewesen, dass der Mitbewohner ihn sexuell bedrängte, sagte der 33-Jährige. Das sei weder durch unsittliche Berührungen oder verbal geschehen. Vielmehr habe der Mann immer mit Dritten darüber geredet, dass etwas vorgefallen sei, auch in der Unterkunft. "Ich habe mich so geschämt, dass ich nicht mehr dort schlafen wollte", sagte er. "Kam es tatsächlich zu sexuellen Handlungen?", wollte einer der Richter wissen. Das verneinte der Beschuldigte. In seinem vollen Bewusstsein sei jedenfalls nichts derartiges vorgefallen. Es könne aber sein, dass der Mitbewohner ihm heimlich Schlafmittel verabreichte und dann gegen seinen Willen derartige Handlungen vornahm. Der Mitbewohner habe damit im Internet geprahlt und behauptet, Videoaufzeichnungen zu haben. Damit habe der Mitbewohner, das Opfer, ihm die Zukunft mit der Partnerin verbauen wollen.

Um dem Druck zu entgehen, habe er erst einmal bei einem Freund in Neukirchen-Vluyn geschlafen, so der Angeklagte. Zwei Wochen lang habe er sogar in einer nahegelegenen Moschee übernachtet. Vom Vorbeter habe er dann den Rat bekommen, zum Psychologen zu gehen. Weil die vom Psychologen verschriebenen Medikamente nicht halfen, sei er dann freiwillig in die Klinik nach Rheinberg gegangen.

Der Klinik gab der Beschuldigte gestern eine Mitschuld an der Tat: Dort habe man ihm das Teppichmesser wieder ausgehändigt, dass er bei seiner Aufnahme abgeben musste. "Wenn ich das nicht wieder bekommen hätte, da wäre nichts passiert", sagte er. Der Mitbewohner war durch Stiche und Schnitte im Halsbereich verletzt worden. Ein Stich verfehlte nur knapp die Halsschlagader.

Insgesamt sind drei Prozesstage geplant. Die Verhandlung wird am 12. und 13. Januar fortgesetzt.

(RP)
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