Unsere Woche Rettet das Weiße Haus - verkauft es!

Moers · Es ist zum Verrücktwerden: Die Fraktionen im Rat können sich nicht auf eine Lösung für die ehemalige Wittfeldsche Nervenheilanstalt einigen.

Manchmal fügt der Zufall zwei Dinge zusammen, die zunächst einmal nichts miteinander zu tun haben, die aber dann sehr erhellend wirken können.

So geschehen in der jüngsten Ratssitzung. Da trugen Vertreter der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) zunächst das Ergebnis ihrer Analyse der städtischen Finanzen vor. Das Ergebnis ist alarmierend. Moers ist die am stärksten verschuldete Kommune innerhalb der von der GPA ausgewählten Vergleichsgruppe. Und die Studie hebt hervor, dass Moers unter anderem für den Kulturbereich überproportional viel Geld ausgibt.

Nun muss man deshalb nicht gleich mit dem Rotstift durch alle Tagesordnungspunkte pflügen, die irgendwie mit Kultur zu tun haben. Etwas Zurückhaltung wäre einigen Ratsmitgliedern aber schon anzuraten, wenn keine zehn Minuten später über die Zukunft des Weißen Hauses abgestimmt wird.

Unisono erklären SPD, Grüne und, wenn auch mit leichten Abstrichen, Grafschafter, dass diese Immobilie, zu der auch der alte Ratssaal und ein angebautes Treppenhaus zählen, in städtischem Besitz zu bleiben habe. Die Begründung wirkt nur auf den ersten Blick plausibel: Das Grundstück liege inmitten anderer städtischer Grundstücke und könne bei einem Verkauf die weitere Entwicklung dort behindern. Es stimmt, dass die Stadt als Besitzer leichter über die Immobilie verfügen kann, als als Nicht-Besitzer. Dumm nur, dass den vorgeblichen Freunden des Weißen Hauses in jahrelangen Beratungen keine Nutzungsmöglichkeit eingefallen ist, die sowohl sinnvoll als auch finanzierbar wäre. "Irgendwas mit Jugend oder Kultur", kann sich jeder wünschen. Darauf eine Entscheidung zu gründen, die die Stadt möglicherweise auf Jahre hinaus weiter belastet, darf man nicht.

Weißes Haus, Altes Landratsamt, Rathaus Utfort: Drei Gebäude mit denkmalgeschützter Fassade, die die Stadt über Jahrzehnte hinweg hat vergammeln lassen. Für das Utforter Rathaus hat sich zum Glück nach vielen Mühen ein seriöser Käufer gefunden. Darüber war sogar die SPD froh. Warum soll das jetzt beim Weißen Haus anders sein?

Im Übrigen geht es letztlich gar nicht um die Frage Behalten oder Verkaufen, sondern um die Frage, wie das durch zahlreiche Um- und Ausbauren höchst problematische Gebäude kostendeckend saniert und betrieben werden kann. Verwaltung, CDU und FDP sind zu dem Schluss gekommen, dass das nur mit einem Verkauf möglich ist. SPD, Grüne und Grafschafter haben bis heute nicht ansatzweise eine Idee präsentiert, wie das Ganze ihrer Meinung nach ohne Verkauf funktionieren soll.

Man wird den Eindruck nicht los, dass sich hier bei den Mehrheitsfraktionen Prinzipienreiter durchgesetzt haben, denen die Folgen ihres Handelns weitgehend egal sind. Hat eigentlich mal jemand an den Schlosstheater-Intendanten Ulrich Greb gedacht? Wie soll der planen, wenn ihm mal das Weiße Haus, dann die Enni-Werkstätten und zum Schluss ein Anbau am Terheydenhaus für seine Werkstätten zugesagt werden, und die Politik dabei herumschwankt wie ein besoffener Igel nach der Birnenernte?

Ein schönes Wochenende! juergen.stock@rheinische-post.de

(RP)
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