Rheurdt Rheurdter Lebensretter fährt zur WM

Rheurdt · Benedikt van Vliet ist Rettungsschwimmer. Er gehört zu einem erfolgreichen Wettkampfteam der DLRG Rheurdt-Schaephuysen. Gerade erst hat das Team den Deutschlandpokal gewonnen, morgen geht es um die Weltmeisterschaft.

 Benedikt van Vliet (oben) und seine Vereinskameraden treten morgen bei der Weltmeisterschaft im französischen Montpellier an.

Benedikt van Vliet (oben) und seine Vereinskameraden treten morgen bei der Weltmeisterschaft im französischen Montpellier an.

Foto: Reimers/Privat

Der Himmel über Lüdenscheid ist wolkenverhangen. Und im Stadion Nattenberg trainiert ein Weltmeister. Benedikt van Vliet hockt in Startposition in der vier mal neun Meter großen Sandgrube. Als sein Teamkollege Lars Laurenz ihm mit "drei, zwei, eins" das Zeichen gibt, sprintet er los. Van Vliet ist Bootsführer des IRB-Teams der DLRG in Rheurdt (IRB steht für Inflatable Rescue Boat, zu Deutsch: aufblasbares Rettungsboot). Mit seinem Team hat er gerade zum dritten Mal in Folge den IRB-Deutschlandpokal gewonnen.

Rheurdt: Rheurdter Lebensretter fährt zur WM
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Immer wieder üben van Vliet und Laurenz den Start in der viel zu kleinen Sandgrube, die als Ersatz für einen richtigen Strand herhalten muss. "Wir müssen nehmen, was wir kriegen können", sagt van Vliet und betrachtet achselzuckend die Sandgrube. Bei den Wettkämpfen müssen die Sportler in aberwitzigem Tempo vom Strand ins Boot springen und einen "Patienten" - so nennt man im Rettungssportlerjargon einen Ertrinkenden - aus dem Wasser ziehen.

Dann legt das Boot noch eine akrobatisch anmutende Wende hin und kehrt zum Strand zurück. Dass diese Manöver nicht ungefährlich sind, ist allen Wettkampfbeteiligten bewusst. Durch ausführliche Sicherheitsmaßnahmen und Belehrungen soll dieses Risiko so gering wie möglich gehalten werden. An den Start gehen immer mehrere Teams gleichzeitig und versuchen dann, durch Schnelligkeit und Genauigkeit möglichst viele Punkte zu sammeln. Die Zeit wird hierbei nicht gestoppt, da die Bedingungen durch Wind, Wellengang und Strömung zu unstetig sind.

Da es in Nordrhein-Westfalen aber keinen geeigneten Strand gibt, setzen die Rettungssportler sich die Bausteine für die vier IRB-Disziplinen wie Puzzlestücke selbst zusammen. Van Vliet verbringt jeden Tag zwei bis drei Stunden damit. Neben den Sprints im Sand stellen Lauftraining, spezielle Übungen für die Rumpfmuskulatur und natürlich Rettungsübungen im Wasser weitere Puzzelteile dar. Für die Wasserübungen geht van Vliet in das nahegelegene Familienbad Nattenberg. Hier trainiert er unter anderem seine Technik im Kraulschwimmen und das Abschleppen mit dem Gurtretter.

Entwickelt hat sich der Sport in Australien aus einer einfachen Idee heraus: Rettungsschwimmer sollen durch Wettkämpfe einen zusätzlichen Anreiz bekommen, fit zu bleiben und ihre Technik zu perfektionieren. Auch für van Vliet ist der Wettkampf essenziell.

"Beim Sport kann ich an meine Grenzen gehen und mich mit anderen messen. In realen Rettungssituationen ist das nicht möglich. Denn wenn ich da an meine Grenzen gehe, bringe ich mich selbst und andere in Gefahr."

Erst in den vergangenen 15 Jahren sind die vier Disziplinen für die IRB-Wettkämpfe entstanden. Dabei geht es immer darum, Personen mit dem Boot aus der Brandungszone zu retten. Van Vliet und sein achtköpfiges Team fahren regelmäßig in die Niederlande, um dort ihre Trainings-Puzzlestücke zusammenzusetzen.

Neben dem Training und den Wettkämpfen gehören für die Rettungssportler auch reale Einsätze dazu. So wacht die Rheurdter Truppe über einen Küstenabschnitt an der Ostsee. Wie viele Leben sie schon gerettet hat, ist schwer zu sagen, "aber das ehrenamtliche Engagement ist mir als Rettungsschwimmer sehr wichtig", sagt van Vliet.

Gerade erst hat das Rheurdter Team den IRB-Deutschlandpokal gewonnen. Nach den guten Ergebnissen der ersten Wettkampfrunde war van Vliets Team als klarer Favorit ins Rennen gegangen. Ende Juni holte das Team in vier Disziplinen dreimal Gold und einmal Silber.

Bei der Weltmeisterschaft, die morgen im französischen Montpellier ausgetragen wird, traut Henning Otto dem Team immerhin zu, in einen Finallauf zu kommen. "Die Australier und Neuseeländer haben einfach bessere Trainingsbedingungen als unsere Sportler hier", sagt Otto, der IRB-Wettkampfbeauftragten des DLRG Bundesverbandes. Ob die mühevoll zusammen gepuzzelten Trainingseinheiten also für einen Platz auf dem Siegertreppchen reichen, bleibt bis morgen in Südfrankreich spannend.

(RP)
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