Festival "Rockabilly Moersquake" Ein Leben für den Rock-'n'-Roll

Moers · Auf der Moerser Kirmes entdeckten Dirk Engelmann, Arno Susen und Bernd Kalkmann in den 80er Jahren den Rockabilly für sich. Rund 30 Jahre später gründeten sie das Rockabilly Moersquake. Am Freitag beginnt die sechste Auflage des Festivals.

 Die Organisatoren des Rockabilly Moersquake: Arno Susen, Dirk, Engelmann, Alina van Soest, Bernd Kalkmann (von links)

Die Organisatoren des Rockabilly Moersquake: Arno Susen, Dirk, Engelmann, Alina van Soest, Bernd Kalkmann (von links)

Foto: Lisa Reckmann

Arno Susen ist ein Rock-'n‘-Roller. Seine dunklen Haare hat der 48-Jährige mit Pomade zu einer Tolle geformt. Auf seinen Armen trägt Susen große Tattoos: Auf dem rechten ist zum Beispiel das Logo der US-Rockabilly-Band "Stray Cats" zu sehen, eine Comic-Katze mit Haartolle. Der linke Innenarm ist mit dem Schriftzug "Rockabilly Moersquake" versehen. Dieses Tattoo mag Susen besonders gerne, denn vor fünf Jahren hob er gemeinsam mit seinen Freunden Dirk Engelmann und Bernd Kalkmann das Rockabilly-Festival in Moers aus der Taufe.

Die drei Festivalgründer sitzen zusammen am Tisch in der Wohnung von Dirk Engelmann in Moers-Asberg. Über den Rockabilly, ihre große Leidenschaft, können die Männer viele Geschichten erzählen. Eine Botschaft wird schnell klar: Rockabilly hat mehr als Elvis Presley zu bieten. "Elvis wird im Zusammenhang mit diesem Musikstil immer als erstes genannt. Aber den Rockabilly alleine auf ihn zu reduzieren, wird der Sache nicht gerecht", sagt Susen. Da gebe es noch ganz andere Musiker, die man erwähnen müsse. Bill Haley etwa oder Gene Vincent. Auf der Straße passiere es immer wieder mal, dass er wegen seiner Tolle den Namen Elvis nachgerufen bekomme. "Früher hat mich das geärgert. Heute gehe ich damit aber entspannt um", sagt der Sozialpädagoge.

Wenn der 48-Jährige von früher spricht, meint er die 80er-Jahre, die Teenagerzeit des Trios. Kommen er und seine Freunde auf diese Zeit zu sprechen, erzählen sie von gemeinsamen Abenden auf der Moerser Kirmes. Damals spielte dort jeden Samstag die Rock-´n´-Roll-Band "Teddy Technik" aus Duisburg-Homberg im Festzelt. Bei den drei Kumpels hinterließ das bleibende Eindrücke. "Die Musik hat uns einfach ein gutes Gefühl gegeben", sagt Engelmann. Die drei Moerser lernten auf der Kirmes viele Gleichgesinnte kennen und fanden Anschluss in der aufkeimenden Neo-Rockabilly-Szene.

Der ursprünglich in den 50er-Jahren aus dem Hillbilly und dem Rhythm-´n´-Blues in den amerikanischen Südstaaten entstandene Rock-´n´-Roll-Stil erlebte in den 80er-Jahren eine Renaissance. Neue Rockabilly-Bands wie die Stray Cats aus den USA waren plötzlich im Radio zu hören. Ähnlich wie Punks, Poppers und Mods bildeten auch die Rock-´n´-Roller in jener Zeit eine Subkultur. "Rockabilly war für uns Lebensgefühl ", sagt Engelmann. Dazu gehörte auch das entsprechende Outfit mit Tolle, Lederjacke, Blue Jeans und Tattoos. "Man wollte unbedingt zeigen, dass man zur Szene dazugehört."

Bilder vom Rockabilly Moersquake 2015
35 Bilder

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Foto: Klaus Dieker

Konfrontationen mit anderen Gruppen blieben damals nicht aus. Die größten Rivalen der Rockabillys waren die sogenannten Psychobillys. Dieser Stil vermischte Rockabilly und Punkmusik miteinander. "Beim Neo-Rockabilly wurde der Rock-´n´-Roll der 1950er-Jahre ganz leicht verändert gespielt. Die Psychobillys haben aber aus unserer Sicht die Musik veralbert", sagt Susen. Und mit ihrem Aussehen habe man in der Rockabilly-Szene auch nicht anfangen können. Markenzeichen der Psychobillys war die Flat-Top-Frisur, wobei die Seiten meist abrasiert und der Rest mit Pomade zu einer Tolle hochgestylt wurde. "Die Psychos waren unser Feindbild Nummer eins. Es war besser, wenn man nicht aufeinander traf" sagt Susen. Denn sonst sei es durchaus auch mal zu Prügeleien gekommen.

Die Begeisterung für die Musik stand für Engelmann und seine Kollegen immer an erster Stelle. Als Teenager waren sie fast jedes Wochenende auf Achse, besuchten Konzerte und Festivals im Ruhrgebiet oder in den Niederlanden. Vor den Konzertsälen fuhren andere Besucher schon mal mit einem Cadillac vor. "Vom Anblick dieser Oldtimer habe ich immer eine Gänsehaut bekommen", erinnert sich Kalkmann. Und in den Clubs wurde dann ordentlich gefeiert. Mal mehr, mal weniger wild. "Das war abhängig vom Stil, den die Bands gespielt haben", sagt Engelmann.

Heute, gut 30 Jahre später, sind die drei Rock-´n´-Roller aus Moers immer noch regelmäßig auf Rockabilly-Veranstaltungen zu finden. Tolle und Lederjacken gehören weiter zum Outfit. "Unsere Subkultur lebt immer noch", sagt Engelmann. Für den Fortbestand müsse die Szene aber selbst sorgen. "Wir müssen unsere Konzerte und Festivals alleine auf die Beine stellen. Da wird kein Externer kommen und uns helfen."

Festival mit Stil: Rockabilly Moersquake 2014
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Festival mit Stil: Rockabilly Moersquake 2014

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Foto: Klaus Dieker

Ein Beitrag zu Erhaltung der Szene leisten Engelmann & Co durch die Organisation des Rockybilly Moersquake-Festivals auf dem Gelände des Bollwerks in Moers. Am kommenden Wochenende findet es bereits zum sechsten Mal statt. Die Idee, ein Festival in Moers auf die Beine zu stellen, entstand 2011 aus einer Bierlaune heraus, wie Engelmann sagt. Die drei Moerser waren damals oft in einer Szene-Kneipe in Witten zu Gast. "70 Kilometer hin, 70 Kilometer zurück. Das ging ins Geld. Außerdem musste immer einer von uns Autofahren und durfte kein Bier trinken", sagt Engelmann.

Daher sei er auf die Idee eines Heimspiels gekommen und habe mal leise bei Boris Graue angefragt, dem damaligen Leiter des Moerser Jugendkulturzentrums Bollwerk 107. Dieser sei gleich Feuer und Flamme gewesen. Und so wurde in Zusammenarbeit mit dem Bollwerk 2012 das erste zweitägige Festival mit Record-Hop, einem Konzertabend, einem Fifties-Markt und einer Oldtimer-Show auf die Beine gestellt. Die Veranstaltung war gleich ein Erfolg. Beim ersten Konzertabend kamen rund 400 Leute ins Bollwerk.

Beim nächsten Rockabilly Moersquake wurde das Programm noch um einen zweiten Konzertabend erweitert. Zugleich erhielt das Organisatoren-Team Zuwachs in Person von Alina van Soest. Engelmann hatte sie als Flyermodel engagiert. Nach den Shootingaufnahmen freundeten sich die Festivalgründer und die junge Frau an. Die Zusammenarbeit wurde erweitert. Seither ist die 26-Jährige für Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit im Rockabilly-Team zuständig.

Die Veranstaltung hat sich etabliert, im vergangenen Jahr kamen an zwei Tagen rund 1000 Besucher. Doch den Erfolg möchten sich die Festivalmacher gar nicht so gerne auf die eigenen Fahne schreiben lassen. "Wir machen das nicht um uns zu profilieren, sondern wir wollen einfach eine schöne Party für die Besucher veranstalten", sagt Kalkmann.

Beim Festival heißen die Organisatoren nicht nur Szenegänger, sondern auch Normalos willkommen. Selbst Psychobillys hätten natürlich nichts zu befürchten. "Die Zeiten des Konkurrenzdenkens sind vorbei" sagt Susen. "Wer authentisch ist, wird Gefallen an unserer Veranstaltung haben. Wer aber nur seine neue Elvis-Perücke präsentieren möchte, ist dann doch eher fehl am Platz."

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