Moers Schwarze Spitze für Cocteaus Verzweifelte

Moers · Modedesignerin Sebastiana Di Francesco Marchionna gestaltet ein Kleid für die Inszenierung "La Voix humaine".

 Sängerin Stella-Louise Göke probiert das Kleid von Modedesignerin Sebastiana Di Francesco Marchionna an.

Sängerin Stella-Louise Göke probiert das Kleid von Modedesignerin Sebastiana Di Francesco Marchionna an.

Foto: Klaus Dieker

Es ist Nacht. Die Frau sitzt einsam und allein am Strandboulevard. Sie hat im Casino alles auf eine Karte gesetzt - und verloren: Ihr Geliebter hat sie verlassen. "Ich hatte sofort vor Augen, welches Kleid diese Frau trägt", sagt Modedesignerin Sebastiana Di Francesco Marchionna. Ein schwarzes aus durchsichtiger Spitze, darunter ein schwarzer blickdichter Unterrock. Tragen wird das zarte und doch streng wirkende Kleid Sängerin Stella-Louise Göke in dem Musiktheaterstück "La voix humaine", das Regisseur Konrad Chr. Göke nach Jean Cocteaus Klassiker aus dem Jahr 1929 inszeniert. Die Premiere ist am Freitag, 11. September, 19.30 Uhr, im Martinstift in Moers. Gestern war die letzte Anprobe im Atelier der Moerser Modedesignerin an der Meerstraße.

Sebastiana Di Francesco Marchionna und Konrad Göke kennen sich bereits seit vielen Jahren. Die Modedesignerin hat Stella-Louise Göke das Kleid gerne auf Maß geschneidert. "Für mich ist es das erste Mal, dass ich für ein Theaterstück ein Kleid entworfen habe", sagt die Designerin, die am Sonntag in Moers 40 Jahre Selbstständigkeit gefeiert hat. Für das Kleid hat sie sich von der italienischen Weiblichkeit inspirieren lassen, für die zum Beispiel die beiden Schauspielerinnen Sophia Loren und Monica Bellucci stehen. "Wichtig war, dass sich das Kleid aus Spitze auf der Bühne schnell aus- und anziehen lässt", so Marchionna. Und natürlich sollte es auch die Ambivalenz der verlassenen Frau spiegeln: streng, selbstbewusst, weiblich, verspielt.

Der Moerser Theatermacher Konrad Chr. Göke, der auch das Kulturprogramm in der Repelener Dorfkirche kuratiert, rollt als Regisseur die zeitlose Geschichte der Frau auf, die am Telefon versucht, ihren Geliebten zur Rückkehr zu bewegen. Es war seinerzeit die Paraderolle der französischen Schauspielerin Simone Signoret. Göke interessierte sich aber für die Frage, wie ein solches Telefonat in Zeiten der ständigen Erreichbarkeit und des Smartphones heute geführt würde. Mit dieser Inszenierung setzt er gleichzeitig die Zusammenarbeit mit Marko Kassl fort, mit dem er bereits Georg Kreislers "Lola Bau" bearbeitet und inszeniert hatte. Kassel ist Akkordeonist. Zusammen mit den jüdischen Gemeinden Duisburg und Gelsenkirchen reiste diese Inszenierung unter anderem nach Wien und Dessau. Das Ensemble gab mehr als 50 Vorstellungen in Deutschland.

Sängerin Stella-Louise Göke (Sopran), die im vergangenen Jahr ihr Studium abgeschlossen hatte und in Köln als freischaffende Künstlerin lebt, hat in "La voix humaine" die Hauptrolle übernommen. "Diese Sängerin ist eine moderne Frau, die im Leben eigentlich die Hosen anhat. Und doch hat sie am Ende nur den Wunsch, in den Arm genommen zu werden", beschreibt die 27-Jährige ihre Rolle, die ihr die Möglichkeit bietet, die Klaviatur der Emotionen zu spielen: Wut, Frust, Depression. Das Publikum erlebt eine junge Frau im Gespräch mit sich selbst. Sie wird von Erinnerungen übermannt. Und hier unterscheidet sich Gökes Stück von der Originalversion, die Francis Poulenc vertont hatte. Ein bisschen Poulenc ist mit "La Dame de Monte Carlo" zwar geblieben. Göke hat hingegen ein Stück mit Liedern von Edit Piaf, Zarah Leander, Frank Sinatra, Kurt Weill und Jacques Brel geschaffen. Und als Krönung gibt es die Arie der Butterfly.

(RP)
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