Moers Siegmund Ehrmann blickt zurück

Moers · Nach 15 Jahren im Bundestag zieht der SPD-Abgeordnete Siegmund Ehrmann Bilanz.

 Sigmund Ehrmann (SPD) schaut auf 15 Jahre im Bundestag zurück.

Sigmund Ehrmann (SPD) schaut auf 15 Jahre im Bundestag zurück.

Foto: Christoph Reichwein

Wenn das Volk am 24. September einen neuen Bundestag wählt, ist Siegmund Ehrmann nur noch Zuschauer. Nach vier Legislaturperioden im Parlament tritt der SPD-Abgeordnete nicht mehr an. "Es war eine spannende, aufregende Zeit", sagt Ehrmann. "Aber es ist nur ein Amt, das ich auf Zeit bekleidet habe, und jetzt ziehe ich mich eben zurück."

In Pension gegangen ist "Siggi", wie ihn seine Freunde nennen, eigentlich schon am 31. Juli. Da endete die offizielle Dienstzeit des beurlaubten Beamten der Stadt Moers. Bevor Ehrmann 2002 zum ersten Mal in den Bundestag gewählt wurde, war er Führungskraft bei der Stadt, zuletzt als Kulturdezernent. "Ich habe mich sehr gefreut, dass Christoph Fleischhauer daran gedacht und mich eingeladen hat. Das war eine schöne Geste."

Das Verwaltungsgeschäft hat Ehrmann von der Pike auf gelernt. Nach der Handelsschule und Mittlerer Reife machte er eine Ausbildung bei der Stadt Moers und absolvierte anschließend die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie. Innerhalb der Stadtverwaltung galt er zunächst als Zögling des Stadtdirektors Gerd Tendick. Daher kam seine Berufung auf den Posten des Kulturdezernenten für viele überraschend. Doch mit seiner leise insistierenden Art und seiner Fähigkeit Kompromisse auch in schwierigen Situationen zu finden, verschaffte er sich nach und nach Respekt auch unter den Kulturschaffenden.

Aber als Bundestagsabgeordneter hatten ihn zunächst nicht viele Genossen auf der Rechnung. Das änderte sich, als die Wahlkreise am Niederrhein neu zugeschnitten wurden und der Wahlkreis 114 mit Moers, Neukirchen-Vluyn und dem Krefelder Norden entstand. Der Kamp-Lintforter Peter Enders schien für viele Sozialdemokraten nicht der richtige Mann zu sein, auch im eher bürgerlichen Krefelder Norden Stimmen zu sammeln. Dem bedächtigen Ehrmann hingegen, der mindestens genau so stark im CVJM wie in der SPD sozialisiert worden war, traute man diese Aufgabe sehr wohl zu. Zudem war bekannt, dass der Neukirchener das Vertrauen Jürgen Schmudes genoss. Gleichwohl ging es bei der Kandidatenaufstellung am 4. Dezember 2001 knapp zu. Ehrmann wurde erst im dritten Durchgang gewählt. Tatsächlich holte Ehrmann im folgenden Oktober den Wahlkreis sicher. Sein Vorsprung von 24.000 Stimmen auf den CDU-Kandidaten sollte jedoch der größte bleiben, den er jemals erzielen würde. Bei der Wahl 2013 betrug sein Vorsprung auf Kerstin Radomski nur noch 1800 Stimmen.

Gleichwohl war die vergangene Legislaturperiode die, in der Ehrmann bundesweit am deutlichsten in Erscheinung trat. Er wurde Vorsitzender des Kulturausschusses des Bundestags.

Diesem Gremium hatte er bereits seit seiner ersten Wahl ins Parlament angehört. "Zudem hatte ich das Glück, direkt Obmann für die SPD in der Enquête-Kommission "Kultur in Deutschland" zu werden Auch sein bereits durch den engen Kontakt mit einem Missionar der Neukirchener Mission gewecktes Engagement für die Dritte Welt konnte er in Berlin zunächst politisch durch seine Mitgliedschaft im Entwicklungsausschuss weiterverfolgen. Daraus zog er sich jedoch zurück, als ihm klar geworden sei, dass eine gewissenhafte Erfüllung dieser Aufgabe eine intensive Reisetätigkeit verlangen würde. "Dann aber hätte ich meine Aufgaben im Wahlkreis nicht mehr wahrnehmen können", sagt Ehrmann.

Bei aller Inanspruchnahme durch eine bis zu 24 Sitzungswochen pro Jahr dauernden Abgeordnetentätigkeit hat der verheiratete Vater einer Tochter immer darauf geachtet, den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren. Zehn Jahre lang war er parallel zu seinem Abgeordnetenmandat Stadtverbandsvorsitzender der SPD in Moers und Aufsichtsratsmitglied in der Kultur GmbH. Er könne nur jedem Mandatsträger raten, sich derart politisch zu erden, merkt Ehrmann an.

Gegenwärtig ist bei ihm von Vorruhestand nicht viel zu spüren. Er begleitet die Neukirchen-Vluyner SPD-Vorsitzende Elke Buttkereit bei ihrem Wahlkampf durch den Wahlkreis. Er weiß, wie schwer die Aufgabe ist: "Den Merkel-Bonus bekommen natürlich auch die Direktkandidaten zu spüren."

Aber nach dem 24. September soll dann endgültig Schluss mit der aktiven Politik sein. "Natürlich werde ich meinen Rat geben, wenn ich gefragt werde", sagt Ehrmann. "Aber erst mal freue ich mich auf die Zeit danach."

(RP)
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