Moers Spannende Schulstunde über Europa

Moers · Der Politikwissenschaftler Ingo Espenschied zeichnete in einem Multimedia-Vortrag vor Neuntklässlern des Adolfinums die Geschichte der Europäischen Union nach. Die Schüler waren begeistert.

 Ingo Espenschied und Ruth Harte (Europe Direct) mit Schülern in der Aula des Adolfinums.

Ingo Espenschied und Ruth Harte (Europe Direct) mit Schülern in der Aula des Adolfinums.

Foto: Pogo

Die Europäische Union, das ist Freiheit, Frieden, Wohlstand, und ein "unvergleichlicher Lifestyle". Wer daran zweifelt, dem sei ein Multimedia-Vortrag des Politologen Ingo Espenschied empfohlen. Neuntklässer des Adolfinums hatten gestern das Glück, ihn zu hören und zu sehen. In der Aula des Gymnasiums zeichnete Espenschied unter Verwendung historischer Fotos, Grafiken sowie Ausschnitten aus alten Wochenschauen und Fernseh-Sendungen die Geschichte der EU nach. Spannend und lehrreich war das, und eine fabelhafte Werbung für die europäische Idee. "Wir sind nur dann erfolgreich, wenn wir erfolgreiche Europäer sind", lautete das Fazit des Mainzers, dem die Schüler mit kräftigem Applaus zustimmten.

Espenschied schilderte, wie nach dem Deutsch-französischen Krieg 18970/71 und der folgenden Gründung des Deutschen Reichs der Nationalismus in beiden Ländern hochkochte und die Menschen dem kollektiven Koller einer angeblichen Erbfeindschaft verfielen. Er berichtete von den ersten Bemühungen um ein geeintes Europa nach dem Ersten Weltkrieg, die wegen der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs auf Eis gelegt werden mussten.

Espenschied erzählte, wie Churchill nach dem Krieg zur europäischen Einheit aufrief, wie der erste paneuropäische Kongress in Den Haag tagte, der Europäische Rat in Straßburg gegründet wurde und Frankreich und Deutschland die Montan-Union anbahnten. Dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl schlossen sich 1951 neben Deutschland und Frankreich Italien und die Benelux-Länder an. Das Sextett unterzeichnete vor 60 Jahren, im März 1957, schließlich die Römischen Verträge. Das war die Geburt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, aus der 1993 die Europäische Union hervorging.

Die Gymnasiasten erfuhren, wie beschwerlich der Weg der Einigung war und ist. "Europa ist kein fertiger Staat, sondern ein Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist", sagte Espenschied. Mehr als einmal habe die EU Krisen überstanden. Dass es im europäischen Getriebe immer wieder knirscht, sei normal. Die Mitgliedsländer müssten Stück für Stück einen Teil ihrer Souveränität an Europa abgeben. "Das tut den Staaten bis heute sehr, sehr weh." Aber es lohne sich. "Die EU ist die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt", sagte Espenschied. Und: "Mit insgesamt 500 Millionen Einwohnern haben wir Gewicht in der Welt und können - eventuell - die Zukunft gestalten."

Nach dem Vortrag beantwortete der Politikwissenschaftler einige Fragen. Den Brexit betrachte er als Chance, nicht für die Wirtschaft, aber für das politische Zusammenwachsen der EU, gegen das sich die Briten stets gestemmt hätten. Den neu aufkeimenden Nationalismus in manchen Ländern nannte er geschichtsvergessen. "Wir hatten diese Ideen alle schon, und wir wissen, wohin sie führen."

Finanziert wurde der Besuch von Espenschied über das Informationszentrum Europe Direct Neuss mit Mitteln der Europäischen Kommission. In der ganzen Region habe man bei Schulen für den Vortrag geworben, sagte Europe-Direct-Leiterin Ruth Harte. Neben dem Adolfinum habe nur eine weitere Schule (in Grevenbroich) zugegriffen.

(RP)
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