Eishockey "Für Deutschland zu spielen, ist eine Ehre"

Moers · Der in Moers geborene NHL-Star erholt sich in der Heimat von einer langen Eishockey-Saison und legt die Grundlagen für die nächste.

Krefeld/Moers Mit seinem mit vierzig Millionen Dollar dotierten Zehnjahresvertrag beim NHL-Club Buffalo Sabres ist der gebürtige Moerser Christian Ehrhoff eine der größten deutschen Sportstars. Dennoch ist er sehr heimatverbunden und kehrt jeden Sommer zu seiner Familie und seinen Freunden nach Deutschland zurück. Während der Lockouts in der NHL im Winter spielte der 31-Jährige sogar in der DEL für die Krefeld Pinguine, wo er bei den Bambini mit dem Eishockey begann. Jetzt nahm sich Ehrhoff die Zeit, um in Krefeld, wo er auch wohnt, mit dem RP-Lokalsport aus Moers ein ausführliches Gespräch zu führen.

Herr Ehrhoff, wie wichtig ist Ihnen der Besuch in der Heimat nach einer langen Saison in der NHL?

Ehrhoff Für mich und meine Familie ist es eine gute Tradition in der Sommerpause nach Deutschland zu kommen, das zeigt, dass uns das sehr wichtig ist. Dann haben wir die Zeit, unsere Familien und Freunde zu treffen. Weil wir dann in drei Monaten erledigen müssen, wofür andere ein ganzes Jahr Zeit haben, kann das auch schon mal ein bisschen stressig werden, aber trotzdem ist das natürlich eine schöne Sache. In diesem Jahr haben wir noch eine zusätzliche Beschäftigung, weil wir gerade in Krefeld ein Haus bauen.

Wie intensiv sind Ihre Beziehungen zu Ihrer Geburtsstadt Moers?

Ehrhoff Sehr intensiv, wir sind regelmäßig bei meinen Eltern. Meine beiden Töchter sind einmal wöchentlich bei der Oma in Moers und sind dann auch in der Stadt unterwegs.

Gibt es in Moers spezielle Orte, die Sie bei Ihren Besuchen in Erinnerung an früher aufsuchen?

Ehrhoff Weniger, ich bin am liebsten bei meinen Eltern. Bei meiner Mutter gibt es immer gutes Essen.

Nutzen Sie die Zeit in Deutschland vornehmlich zum Erholen oder haben Sie aus den USA auch einen Vorbereitungsplan mitbekommen?

Ehrhoff Generell ist der Sommer schon zur Regeneration da, aber der Eishockeysport ist auf der anderen Seite so komplex, dass in dieser Zeit auch die Grundlagen für die nächste Saison gelegt werden. Denn in der Saison kommt es bei den vielen Spielen in erster Linie darauf an, seinen Fitnesszustand zu halten. Für das Training im Sommer habe ich einen Plan von meinem Trainer aus Buffalo mitbekommen, aber ich versuche, in mein Training auch meine eigenen Erfahrungen einzubringen.

Wie sieht denn Ihr Training aus, Eis gibt es ja aktuell nicht?

Ehrhoff Auf dem Eis habe ich seit dem letzten WM-Spiel nicht mehr gestanden. Am 7. August gehen die Pinguine aufs Eis, es reicht, wenn ich dann wieder anfange. Aktuell ist es wichtiger, an Kraft und Ausdauer zu arbeiten. Unter anderem habe ich einen Personal-Coach engagiert, der mit mir in diesen Bereichen arbeitet. Ich bin regelmäßig an der Himmelstreppe in Neukirchen-Vluyn, dort kann man sehr gut trainieren. Allerdings wird sie dann eher zur Höllentreppe.

Die Buffalo Sabres haben in den beiden vergangenen Jahren trotz Ihrer individuell guten Leistungen nicht die Play-offs erreicht. Wie sehr wurmt Sie das?

Ehrhoff Wenn man die Play-offs verpasst und sieht, wie die anderen um den Stanley Cup spielen, ist das schon sehr frustrierend. Zumal ich sehr ehrgeizig bin und es mein Traum ist, den Stanley Cup zu gewinnen.

Die Entwicklung in Buffalo haben Sie sich doch sicher anders vorgestellt.

Ehrhoff Als mich die Sabres vor zwei Jahren unter Vertrag genommen haben, herrschte eine große Euphorie und es sah so aus, als könnte der Club auf Dauer ganz vorne mitspielen. Leider muss man momentan eher den Eindruck gewinnen, dass es in die andere Richtung geht. Das ist für mich mit meinem langfristigen Vertrag natürlich sehr unbefriedigend.

Jetzt wird ein Umbruch vollzogen, um Sie herum soll eine neue Mannschaft aufgebaut werden. Was ist in Zukunft möglich?

Ehrhoff Es ist ein Neuaufbau mit jungen Spielern gestartet worden. Ich denke, es wird zwei bis drei Jahre dauern, bis wir oben mitspielen können. Denn junge Spieler brauchen einfach ihre Zeit, um sich zu Führungspersönlichkeiten zu entwickeln. Allerdings ist es schwer, jetzt schon eine Prognose zu wagen, weil die Planungen noch nicht abgeschlossen sind. Es kommt natürlich auch darauf an, wie die Mannschaft zusammenfindet. Den Krefeldern hat vorige Saison in der DEL auch kaum jemand etwas zugetraut, dann haben sie den Einzug ins Halbfinale geschafft. Ich werde mich darauf konzentrieren, meine bestmögliche Leistung zu bringen.

Ihr Vertrag in Buffalo läuft noch acht Jahre. Denken sie, dass Sie so lange spielen, oder übernehmen Sie nach Ihrer aktiven Karriere andere Aufgaben im Verein?

Ehrhoff Zunächst einmal sind die Verträge verbindlich, also muss ich so lange in Buffalo spielen. Es sei denn, der Verein wäre nicht mehr mit mir zufrieden und würde mich abgeben wollen. Dann hätte ich aber ein Mitspracherecht, was die möglichen neuen Clubs anbelangt. Es gibt Spieler, die nach ihrer aktiven Karriere auch in andere Funktionen schlüpfen. Damit beschäftige ich mich im Moment aber überhaupt nicht, das ist noch viel zu weit weg. Der Plan ist nach wie vor, irgendwann nach Deutschland zurückzukehren.

Um dort noch mal für eine DEL-Mannschaft zu spielen?

Ehrhoff Möglich ist das, schließlich gibt es Spieler, die noch mit über 40 in der DEL spielen. Das hängt davon ab, wie sich mein Körper anfühlt. Jochen Hecht hat viele Jahre in der NHL gespielt und macht jetzt in Deutschland bei Mannheim weiter.

Während des Lockouts haben Sie in Krefeld gespielt. Hat es Ihre Kollegen in Buffalo eigentlich interessiert, was Sie in dieser Zeit erlebt haben?

Ehrhoff Generell ist das Interesse in Nordamerika an der deutschen Liga nicht besonders groß. Aber während der Lockouts war das schon anders, da wurde ein bisschen genauer hingeschaut. Zumal in der DEL auch viele Deutsch-Kanadier aktiv sind. Darüber wurde schon gesprochen.

Welchen Stellenwert hat das deutsche Eishockey überhaupt in Nordamerika?

Ehrhoff Keinen großen. Und dass seit vielen Jahren keine deutschen Spieler mehr den Sprung in die NHL geschafft haben, hilft natürlich nicht, daran etwas zu ändern.

Woran hapert es denn im deutschen Eishockey?

Ehrhoff Es wäre schon viel geholfen, wenn es gelänge, klare Strukturen zu schaffen. Der Streit zwischen den unterschiedlichen Gremien und Organisationen sorgt ständig für Unruhe und schlechte Presse. Das zieht sich wie ein roter Faden bis hinunter zum Nachwuchs. Ruhe und Ordnung wären schon mal eine gute Basis, um darauf aufzubauen. Weil vielerorts die finanziellen Möglichkeiten fehlen, gibt es zu wenig Vereine, wo richtig gute Nachwuchsarbeit geleistet wird. Deswegen fehlt es an der Breite.

Merken Sie das auch als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft?

Ehrhoff Bei der letzten WM haben wir uns zwar gut verkauft, aber eine Nation mit den Möglichkeiten Deutschlands muss den Anspruch haben, auf Dauer zu den Top Acht in der Welt zu gehören. Da stehen wir in Konkurrenz zu einigen anderen Nationen, auch deswegen müssen wir die Nachwuchsförderung verbessern. Da wäre es natürlich auch hilfreich, wenn Eishockey mehr im Free-TV zu sehen wäre. Ich glaube, dass die Nachfrage und das Interesse auf jeden Fall da sind.

Apropos Nachwuchs, was sagen Sie eigentlich dazu, dass die Eishalle in Moers nicht geschlossen wird?

Ehrhoff Ich habe zwar nie in Moers Eishockey gespielt, trotzdem war das für mich eine gute Nachricht. Je mehr Standorte es für Eishockey gibt, desto besser für den gesamten Sport.

Zurück zur Nationalmannschaft. Viele Termine kollidieren mit der NHL, werden Sie trotzdem weiter für Deutschland spielen?

Ehrhoff Wenn es irgendwie geht, auf jeden Fall. Für mich ist das nach wie vor eine Ehre, die Nationalmannschaft ist ein Aushängeschild für den Eishockeysport und somit auch wichtig als Werbung, um junge Spieler zu begeistern. Mir liegt sehr viel daran, den Eishockeysport insgesamt nach vorne zu bringen. Deswegen liegt mir sehr viel am Nationalteam.

Wann sehen wir eine deutsche Mannschaft wieder bei Olympischen Spielen?

Ehrhoff Es war schon bitter, nur aus der Ferne verfolgen zu können, wie die Qualifikation für Sotschi 2014 verpasst wurde. Ich hatte das Glück, schon dreimal bei Olympia dabei zu sein, von daher weiß ich, was für ein tolles Erlebnis das ist. Deswegen sollten wir alles dafür geben, dass wir 2018 in Südkorea wieder dabei sind. Das wäre auch für mich noch mal ein absoluter Höhepunkt.

(RP)
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