Tanzsport Tanzschritte gegen die Parkinson-Symptome

Schwafheim · Durch Trainer-Legende Udo Lattek steht die Krankheit aktuell im Fokus, in Moers gibt es schon länger einen Tanzkurs für Betroffene.

 Die Tanzlehrer Franz Josef und Heidi Hasert haben einen Blick darauf, wie die Schritte von Dietz und Sieglinde Kohl funktionieren. Beim TTC SG Moers tun Parkison-Patienten mit Bewegung etwas gegen die Symptome ihrer Krankheit.

Die Tanzlehrer Franz Josef und Heidi Hasert haben einen Blick darauf, wie die Schritte von Dietz und Sieglinde Kohl funktionieren. Beim TTC SG Moers tun Parkison-Patienten mit Bewegung etwas gegen die Symptome ihrer Krankheit.

Foto: KDI

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein ganz normaler Tanzkreis. Paare drehen sich zu langsamer Walzermusik durch den Spiegelsaal des TTC Schwarz-Gold Moers, stolpern hier über ihre Füße, verhaspeln sich da in einer Schrittfolge. Erst wenn Heidi Hasert die Musik ausmacht und mit ihrem Mann Franz Josef die Schritte mit den Tänzern wiederholt, rückt es in den Vordergrund: Mindestens ein Part jedes Paares ist an Parkinson erkrankt, kann sich aufgrund der Nervenkrankheit nicht so flüssig und schnell bewegen, wie es der Takt der Musik vorgibt.

Das Ehepaar Hasert ist geduldig mit seinen Schülern. Schließlich bewirkt der krankheitsbedingte Mangel des Botenstoffes Dopamin im Gehirn eine Störung der Motorik im gesamten Körper. "Der Weg vom Kopf bis zum Fuß dauert länger — dagegen wollen wir etwas tun", sagt Franz Josef Hasert. Mit schwungvollen Bewegungen und einfachen Schrittfolgen sollen Umsetzung, Koordination und Reaktionsfähigkeit gesteigert werden. Sie beugen auch die Steifheit der Muskeln vor, neben dem Zittern eines der häufigsten Krankheitssymptome. Ein wichtiger Gehilfe ist dabei die Musik. Sie gibt den Takt vor — und Selbstvertrauen. Denn mit der gestörten Motorik wächst die Hemmschwelle, große Schritte zu machen, vor allem rückwärts, weiß Franz Josef Hasert. Den Schwung richtig zu koordinieren, sollen die Tänzer beim Walzer oder Quickstepp lernen. "Das ist gar nicht immer so einfach. Leichter fallen den Paaren die sogenannten Schreittänze wie Tango oder Paso Doble. Hier können sie die Schritte abgehen und fest auf dem Fuß stehen."

Der erste Vorsitzende des TTC Schwarz-Gold Moers und seine Frau betreuen die Parkinson-Tanzgruppe im dritten Jahr. Heidrun Tiedemann, Leiterin der Parkinson- Selbsthilfegruppe Moers und selbst betroffen von der Krankheit, war mit dem Vorschlag an die beiden herangetreten. Nach ersten Hemmungen und einiger Fachlektüre tanzen sie seitdem immer sonntags für eineinhalb Stunden mit Tiedemann und den anderen Gruppenmitgliedern im Schwafheimer Clubhaus des TTC Schwarz-Gold Moers — trotz oder gerade wegen Parkinson.

Für die Paare ist es Therapie und Hobby zugleich. Sie alle bekommen von ihrem Arzt neben den Medikamenten viel Bewegung verschrieben. Zu den Teilnehmern gehören zum Beispiel die Kohls. Dietz Kohl erhielt vor vier Jahren die Diagnose Parkinson. Bei dem Tanzkreis in Moers hält er sich gemeinsam mit seiner Frau Sieglinde in Schwung: "Nach den eineinhalb Stunden weiß ich was ich getan habe — das Unterhemd ist nass." Insgesamt finden sich die Teilnehmer gut aufgehoben, weil ein hohes Verständnis für Fehler besteht, schließlich sind ja alle Paare betroffen. "Trotzdem ist mein Mann sehr selbstkritisch: Es klappt eben alles nicht mehr so wie früher. Da haben wir noch richtig getanzt, heute bewegen wir uns eben nur", sagt eine Kursteilnehmerin, die lieber anonym bleiben möchte. Der Spaß steht neben dem therapeutischen Gesichtspunkt dennoch bei den meisten Teilnehmern im Vordergrund, auch ein bisschen Ehrgeiz. Einen Unterschied zu seinen anderen Tanzkreisen kann Franz Josef Hasert jedenfalls nicht erkennen.

(kno)
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