Moers St.-Josef-Krankenhaus warnt vor Pflegenotstand

Moers · Ausbildung in der Kranken- und Altenpflege leidet unter einem schlechten Image und mangelhaften Rahmenbedingungen.

Die Menschen werden immer älter, die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Viele Fachleute bezweifeln, ob die Ausbildung der Pflegekräfte mit der Entwicklung Schritt halten kann. "Wer wird uns pflegen?" fragte gestern auch Michael Koziel, Leiter der St. Josef Pflege GmbH, provokant. Zusammen mit Oliver Wittig, Pflegedienstleiter am St.-Josef Krankenhaus sowie Personalchefin Petra Hein rief er vor der Presse zu einem Umdenken der Politik auf. Anlass waren die "Internationalen Tage der Pflege", bei denen Verbände der freien Wohlfahrtspflege vom 12. bis zum 19. Mai auf die Bedeutung der Pflegeausbildung hingewiesen haben.

Bis 2030 wird die Zahl der über 65-Jährigen im Kreis von 101 000 auf 134 000 (34 Prozent) wachsen. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde von 16 300 auf 23 300 (43 %) steigen. Fast doppelt so viele Pflegekräfte wie jetzt (5444) werden gebraucht. Doch geeigneter Nachwuchs für die Pflege sei schwer zu bekommen. "Es ist ein körperlich harter Beruf, der einem auch psychisch viel abverlangt", skizzierte Wittig. Zudem belaste zunehmende Schreibtischarbeit die Kräfte. Viele bedauerten, dass dies zu viel Zeit beanspruche. Petra Hein machte auf eine Verdichtung der Arbeit aufmerksam. Stellen würden reduziert oder - wie im St.-Josef-Krankenhaus - mehr Patienten betreut. Wechselschichten und Nachtschichten seien wenig familienfreundlich, ergänzte Michael Koziel. Und die Dienstpläne seien notgedrungen so engmaschig, dass sich der Ausfall einer Kollegin zum Beispiel durch Krankheit kaum kompensieren lasse.

"Die Pflegekräfte brauchen nicht unbedingt mehr Geld, sondern Entlastung", sagte Koziel. Die Politik müsse die Rahmenbedingungen anpassen und auf die Kostenträger Einfluss nehmen. Koziel forderte zudem Maßnahmen zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit der Pflegeberufe, zum Beispiel über eine Förderung von Kindertagesstätten an Pflegeeinrichtungen.

Vor allem in der Altenpflege sei es schwierig, Bewerber zu finden, die in der Lage sind, die menschlichen Voraussetzungen für den Pflegeberuf mit den fachlichen zu verbinden. 15 Altenpflege-Azubis in drei Jahrgängen gibt es an St. Josef. Von den sechs freien Stellen zum 1. Oktober seien erst drei besetzt. Voraussetzung ist der Hauptschulabschluss, dessen Qualität allerdings nachlasse. Im Krankenpflegebereich sieht es etwas besser aus. "Wir erhalten genügend und gute Bewerbungen", sagte Wittig. 14 Lehrplätze pro Jahr werden vergeben; Voraussetzung ist die Mittlere Reife. Das Einstiegsgehalt im ersten Lehrjahr ist mit 900 Euro ordentlich. Das Problem sei, dass eine spätere Fortbildung der Pflegekräfte (sogar ein Bachelor-Abschluss ist möglich) sich finanziell nicht auszahle.

(RP)
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