Besuch Ehemalige Zwangsarbeiter und deren Kinder erzählen Schülern von ihrem Leben

Moers · Auf Einladung des Vereins "Erinnern für die Zukunft" haben ehemalige Zwangsarbeiter, die während der Nazidiktatur aus der Ukraine nach Deutschland verschleppt wurden, oder deren Kinder Moers besucht,

Fünf Zeitzeugen besuchten die Klasse 9b des Gymnasiums Rheinkamp - vier Kinder ehemaliger Zwangsarbeiter sowie einer Frau, die als Zweijährige nach Auschwitz deportiert worden war. Zur Vorbereitung des Besuches hatten sich die Schüler im Geschichtsunterricht über das Thema Zwangsarbeit informiert. Auch im Moers und in den umliegenden Dörfern und Gemeinden haben die Deportierten unsägliches Leid erfahren, viele mussten sich zu Tode schinden.

Die Zeitzeugen beantworteten die Fragen der Schüler in beeindruckenden Vorträgen ausführlich und sehr persönlich. Dabei erfuhren die Schüler, wie hart und unmenschlich die Arbeit im Bergbau oder in Fabriken, wie menschenunwürdig ihre Unterbringung in Lagern und wie unzureichend ihre Ernährung war. Die Schüler hörten aber auch, dass einige wenige auf hilfsbereite Menschen trafen, die ihnen heimlich ab und zu etwas Essbares zusteckten. "Mein Vater wurde von dem Bauern aus Alpen, bei dem er arbeitete, wie ein eigenes Kind behandelt," so berichtete der Sohn eines der Zwangsarbeiter.

Eine Zeitzeugin schilderte das Leben der Zivilbevölkerung in der Ukraine unter deutscher Besatzung. So erfuhr die Klasse vom friedlichen Miteinander der jüdischen und nicht-jüdischen Bevölkerung in einer ukrainischen Kleinstadt, das mit der Besetzung jäh zu Ende ging. Plötzliche Ausgrenzungen und Schikanen gipfelten schließlich in der Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung. "Eines Tages wurden die Juden an den Stadtrand getrieben. Dort mussten sie einen langen Graben schaufeln, an dessen Rand alle erschossen wurden. Die Schreie der Sterbenden waren so laut, dass die Menschen in der Stadt sie hören konnten", hatte die Mutter der Zeitzeugin erzählt. Nach Kriegsende verschwiegen viele Rückkehrer ihre Zeit als Zwangsarbeiter - aus Angst, als Kollaborateure oder Verräter in sowjetischen Lagern gebracht zu werden. So erfuhren viele Kinder erst in den neunziger Jahren nach dem Zerfall der Sowjetunion vom Schicksal ihrer Eltern.

Die Auschwitzüberlebende, die nach ihrer Befreiung aus dem KZ am 27. Januar 1945 von Adoptiveltern großgezogen wurde, erfuhr erst im Jugendlichenalter von ihrem Schicksal. Im Nachhinein kann sie sich nur an einzelne Bilder und Szenen erinnern. So erzählte sie in sehr bewegenden Worten von dem Moment, als ihr mit dem Einstechen der KZ-Nummer ihre Identität als Individuum genommen wurde und sie nur noch eine Nummer war. Da sie als Kleinkind noch nicht produktiv arbeiten konnte, wurde sie, wie alle übrigen Kleinen, als Blutspenderin benutzt. Viele Kinder überlebten diese Prozeduren nur eine kurze Zeit.

(RP)
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