Moers Stück über Bewältigung der NS-Zeit

Moers · Frequenzen, Teil 3: Schlosstheater liest "Veit" von Thomas Harlan.

Die Komponisten Gerhard Stäbler und Kunsu Shim kommen morgen im Rahmen der Reihe "Frequenzen" erneut zu einer spannenden musikalisch-szenischen Begegnung mit dem Ensemble des Moerser Schlosstheaters zusammen. Im Fokus steht eine besondere Vater-Sohn-Beziehung: Thomas und Veit Harlan. Fünf Monate vor seinem Tod diktierte Thomas Harlan 2010 einen anrührenden und schmerzhaften Brief an seinen Vater. Veit Harlan war in der Nazi-Zeit ein gefeierter Filmregisseur, der mit "Jud Süß" den Propagandafilm mit mehr als 20 Millionen Zuschauern realisiert hatte. "Sein Sohn Thomas arbeitete sich sein Leben lang an der Lebenslüge seines Vaters ab, er sei zu dem antisemitischen Film gezwungen worden", erklärt Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb.

Veit Harlan hatte seinen Sohn 1964 an sein Sterbebett rufen lassen. Doch für eine Versöhnung war es zu spät. "Die Auseinandersetzung mit seinem Vater war für Thomas ein Lebensthema. Der Brief ist zugleich Abrechnung und Liebeserklärung", sagt Ulrich Greb. Harlans "Veit" gehört für ihn in die vierteilige Reihe, die das Schlosstheater mit Beginn dieser Spielzeit erstmals aufgelegt hatte. "Es ist ein verstörendes Zeitdokument und wirft einen spannenden Blick auf die deutsche Zeitgeschichte, weil dieser Brief aufzeigt, wie unterschiedlich die NS-Zeit bewältigt wird und wurde", erläutert Greb, der die szenische Lesung auch einrichtet. Kunsu Shim und Gerhard Stäbler untermalen nicht die szenische Lesung, sie werden auch in dieser Frequenzen-Folge das Thema durch die Musik auf eine andere Ebene der Mitteilung heben. Dieses Mal geht es ihnen darum, das Unterschwellige in dem Vater-Sohn-Konflikt zu vermitteln.

Stäbler und Shim wählten mehrere Stücke dafür aus: "Eine Blume für Tabea" und "In memoriam Aczel György" von György Kurtag, "Manto III" von Giacinto Scelsi, "Entwurf einer Landschaft" und eine weitere Performance von Kunsu Shim sowie ein Stück mit dem Titel "Schmerzprobe" von Gerhard Stäbler. Unterstützt werden sie von Musikerin Annegret Meyer-Lindenberg (Viola). Das besondere Interesse der studierten Musikerin und Geigenbauerin gilt der zeitgenössischen Musik und der Zusammenarbeit mit Komponisten. Frank Wickermann und Matthias Heße gestalten die szenische Lesung am Sonntag, 17. Januar, 18 Uhr, im Peschkenhaus Moers.

www.schlosstheater-moers.de

(RP)
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