Moers Suitcase: Verloren in der Papierlandschaft

Moers · Das vierteilige Musiktheaterstück "Suitcase - Verloren in Moers" fand am Donnerstag seine Fortsetzung. Es ist eine Koproduktion des Schlosstheaters mit dem "Fonds Experimentelles Musiktheater".

 Autor, Regisseur und Komponist Francois Sarhan realisierte dieses Bühnenbild aus Papier.

Autor, Regisseur und Komponist Francois Sarhan realisierte dieses Bühnenbild aus Papier.

Foto: Schlosstheater

Verloren in Moers - der Untertitel des vierteiligen experimentellen Theaterstücks kommt dem Gefühl recht nahe, das es hinterlässt. Aber die unendlichen Innenwelten eines Künstlers verstehen zu wollen, ist wohl ein Anspruch, den geübte Theaterbesucher bereits an der Garderobe abgeben. Nachdem der Autor, Regisseur und Komponist Francois Sarhan im Prolog von "The Suitcase- Verloren in Moers" bereits einen Einblick in die Entstehung der Geschichte gegeben hatte, konnte es am Donnerstagabend mit der Suche nach dem geheimnisvollen Koffer in der Folge "Der Unfall" losgehen. Zunächst erscheint Magdalene Schmidt, gespielt von Magdalene Artelt, auf der Bühne, die scheinbar gerade eine Falschaussage einübt.

Sie habe ihren Mann Ernst seit zwei Wochen nicht gesehen. Nein, sie kenne den Mann mit dem Koffer nicht, der bei dem Unfall getötet wurde. In einer Videosequenz erscheint Ernst auf der Leinwand. Er fährt mit dem Auto von Prag in Richtung Moers. Das Auto, die Straßen, Brücken und Kulissen sind aus Papier und ergeben mit Motorgeräuschen und einem Mann, der scheinbar am Steuer sitzt (Pianist Ernst Surberg) ein interessantes Bild. Ernst - oder ist es sein Doppelgänger? - möchte sich schreibend selber auf den Grund gehen und versteigt sich in seine Gedanken- und Traumwelten. Diese werden von dem real anwesenden Ernst vorgebracht, der an einem Keyboard sitzt mit dem Rücken zum Publikum. Experimentelle Musik untermalt die Gedankengespinste. Neben dem Keyboard sind das zwei Frauen mit wunderlichen Instrumenten, eine Strohgeige und Strohbratsche. Statt eines hölzernen Klangkörpers haben sie einen Grammophontrichter und klingen dadurch recht blechern. Die beiden, Annegret Mayer-Lindenberg an der Bratsche und Sabine Akiko Ahrendt an der Geige, haben sich an beiden Seiten der Bühne aufgestellt und werfen sich Worte und Klänge zu: "Ich! ... hahaha", erschallt es von links. "Ts, ts, ich! Hahaha!", erwidert sie rechte Seite. "Das Ich ist eine Identitätsfantasie", setzen beide einen Satz puzzleartig zusammen. Wirkliche Dialoge finden ohnehin nicht statt. Die Ehe der Schmidts scheint mehr als zerrüttet. Entweder Magdalene redet mit Ernst, ohne dass dieser antwortet, oder Ernst redet mit sich selbst, und vom Gegenüber sieht man nur die Mundbewegungen.

Klar wird jedenfalls, dass Ernst einen Mann überfahren hat, der einen Koffer in der Hand hatte, und dass Magdalene scharf auf diesen Koffer ist und irgendetwas mit dem Unfall zu tun hat. Weil sie dies nicht widerlegen kann, landet sie am Ende im Gefängnis, ohne dass die Frage geklärt ist: Wo ist dieser Koffer und was befindet sich darin? Ob das Rätsel in der nächsten Folge gelöst wird? Selbst wenn man sich in dem Versuch verliert, die Handlung und die verschiedenen Ebenen wirklich zu verstehen, bleibt dem Zuschauer ja immer noch der Genuss an dem Verwirrspiel der Sinne, an den multimedialen Elementen aus Video, live erzeugten Klängen und real auf der Bühne spielenden Schauspielern.

Dritter und vierter Teil des Musiktheaterstück werden im kommenden März und Juni im Schlosstheater Moers gespielt wird.

(rauh)
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