Moers Tagesmütter wollen das Land verklagen

Moers · Die Inhaberinnen einer Moerser Kindertagespflegestelle bangen um ihre Existenz. Durch eine geplante Gesetzesänderung ist ein Teil ihrer Einnahmen in Gefahr. Nun fordern sie Lösungen von der Stadt, die sich aber nicht in der Pflicht sieht.

 Tina und Svenja Brands fürchten um die Existenz ihrer Kindertagespflegestelle. Denn ab dem 1. August sollen die Zuschüsse der Eltern gestrichen werden.

Tina und Svenja Brands fürchten um die Existenz ihrer Kindertagespflegestelle. Denn ab dem 1. August sollen die Zuschüsse der Eltern gestrichen werden.

Foto: Klaus Dieker

Tina und Svenja Brands bangen um ihre Zukunft. "Sollte es so kommen, können wir schließen", sagen die Schwestern. Seit sechs Jahren betreiben sie in Moers eine Kindertagespflegestelle. In einer dafür angemieteten Wohnung betreuen sie neun Kinder unter drei Jahren. Das Geschäft läuft, trotzdem wachsen die Existenzängste.

Grund dafür ist eine Änderung im Kinderbildungsgesetz, die jetzt im Landtag verabschiedet wurde und am 1. August in Kraft treten soll. Kern der Novelle: Öffentlich geförderten Kindertagespflegestellen ist es künftig untersagt, neben den öffentlichen Geldern, die sie von der jeweiligen Kommune erhalten, für einen Betreuungsplatz zusätzlich Beiträge von den Eltern zu erheben.

Genau diese Elternbeiträge waren neben den städtischen Geldern bislang die Haupteinnahmequelle von Tina und Svenja Brands. 160 Euro monatlich erhielten die beiden Schwestern pro Kind. Das macht 1620 Euro im Monat. "Fällt dieses Geld weg, können wir uns nicht mehr finanzieren", sagen die Schwestern, die nun die Stadt Moers in der Pflicht sehen. Die Beiden wünschen sich, dass die Stadt die wegfallenden Einnahmen ausgleicht. Unterstützung erhalten sie vom Landesverband Kindertagespflege NRW, der ebenso die Kommunen in der Pflicht sieht. "Die Kommunen müssen jetzt prüfen, ob sie die Betreuungsgelder anpassen müssen", teilt Sprecherin Inge Losch-Engler mit.

Die Stadtverantwortlichen sind anderer Meinung. "Der Wunsch nach einem finanziellen Ausgleich ist legitim, er ist aber nicht Aufgabe der Stadt", entgegnet Jugendamtsleiterin Vera Breuer. "Die Mehrheit der Tagesmütter, die wir haben, erhebt gar keine Elternbeiträge", fügt Breuer hinzu.

Das Jugendamt zahlt Tagesmüttern pro betreutem Kind einen Stundensatz von durchschnittlich 4,60 Euro. Umgerechnet auf das Kinderatelier von Tina und Svenja Brands heißt das: Von der Stadt erhalten die Betreiberinnen monatlich 7425 Euro. Dieser Betrag allein reiche aber nicht aus, sagen die Schwestern. Anders als Tagesmütter, die Kinder zu Hause betreuen, hätten sie laufende Kosten zu begleichen, unter anderem für die Wohnung, in der sie die Kinder betreuen. "Anderen Einrichtungen geht es da ganz ähnlich", sagt Svenja Brands. Parallel zu ihren Bemühungen um eine Einigung mit der Stadt bereiten die Schwestern eine Sammelklage gegen das Land NRW am Sozialgericht vor. Die beiden Frauen hoffen, dass die Gesetzesänderung dort noch einmal rückgängig gemacht werden könnte.

Ob diese Klage aber Erfolg hat, ist fraglich. Seit 2013 gibt es für Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für U3-Kinder. Danach müssen alle Eltern bei der Suche gleich behandelt werden. Mit den Elternbeiträgen ist das aber nicht der Fall: Eltern mit geringeren finanziellen Mitteln ziehen im Gerangel um einen Betreuungsplatz immer dann den Kürzeren, wenn es ums Geld geht.

"Der Gedanke, der hinter der Gesetzesänderung steht, ist richtig", sagt Svenja Brands. "Aber für uns muss es eine Lösung geben. Tritt das Gesetz in Kraft, werden wohl einige Einrichtungen schließen müssen", sagt sie. "Und das kann nicht im Interesse der Stadt sein."

Jugendamtsleiterin Breuer glaubt indes nicht, dass eine Schließungswelle droht. Bislang habe sich bis auf Tina und Svenja Brands niemand beim Jugendamt beklagt oder Rat eingeholt, sagt sie. Außerdem seien in Moers freie Plätze in der U3-Betreuung vorhanden. "Der Bedarf an Plätzen ist sättigend gedeckt", sagt Breuer.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort