Moers Theater auf den Spuren der Spice Girls

Moers · Das Ensemble des Schlosstheaters präsentierte am Mittwochabend in der Lese-Reihe "Hörsturz" eine Thekenshow voller Ironie, Witz und skurriler Überraschungen. Die Schauspieler erinnerten an die Girl-Bands der 1990er Jahre.

 Dramaturgin, Schauspieler und ein Gast brachten das pralle Leben der 1990er Jahre in die Kulturkneipe "Die Röhre".

Dramaturgin, Schauspieler und ein Gast brachten das pralle Leben der 1990er Jahre in die Kulturkneipe "Die Röhre".

Foto: Klaus Dieker

"Würzen Sie oben ihr Leben" - das schien zu einer szenischen Lesung zu passen, bei der man die meiste Zeit nur den oberen Teil der Schauspieler zu sehen bekam. Die Netzstrumpfhosen und Leomuster-Highheels konnte man nur beim "Aufgang" bewundern, bevor die fünf reichlich mit Schminke gewürzten "Damen" in der Bütt - also, hinter der Theke - verschwanden. Das Publikum in der gut gefüllten Kneipe war bereits gefasst auf eine neue Überraschung in der Reihe "Hörsturz" und wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht. Denn Annika Stadler, Marissa Möller, Patrick Dollas und Matthias Heße hatten sich als "Spice Girls" verkleidet und lasen, spielten und sangen eine verrückte Mischung aus Geschichten, Sprüchen, Zitaten und Liedtexten der englischen Girlband der 90er Jahre. Hinzu kam noch Matthew Wood, ein Folkwang-Student aus Österreich, der bei seinen Musikprojekten öfter mal in glamouröse Outfits schlüpft. Allein der Anblick der fünf - ein Bild für die Götter.

Sie philosophierten über den Beitrag der Band zum postmodernen Feminismus mit bedeutungsschwangeren Sprüchen wie: "Wir sind Spice Girls, na klar. Girl Power ist einfach wunderbar . . . mit Mut, Stärke und einem Wonderbra!" Der Hit "Wanna be" war einer der Songs, der, als Karaoke- Version auf eine Leinwand projiziert, vorgetragen wurde und Antwort auf die dringende Frage gab: "Sag mir, was du wirklich, wirklich willst?" Natürlich geht es, wie in allen kommerziellen Popsongs, um Liebe, vielmehr um Sex. Und die wirklich wichtige Botschaft eines anderen Liedes lautet "Put it on", also "Zieh ein Kondom über", woraufhin die Anwendung eines solchen auf der Theke demonstriert wurde und ein aufgeblasenes Kondom auf seine Reise durch den Kneipenraum geschickt wurde.

Auch Livemusik mit Gitarrenbegleitung war dabei: Matthias Heße sang "I turn to you" als blondes Pummelchen Emma Baby Spice mit blonder Zopf-Perücke. Marissa Möller ließ als Mel C. ihre tolle Stimme zu noch ausbaufähigen Gitarrengriffen erklingen. Doch genau diese unperfekten, improvisierten Momente waren die witzigsten Situationen in der Lesung. Wenn die Schauspieler zwischendurch aus ihren Rollen aussteigen und in ihren bunten Schnellheftern hin- und herblättern, dabei einen Lolli herumgehen lassen und der Beamer nicht anspringt, weil die Fernbedienung falsch herum gehalten wird. Dann freut man sich, ganz nah dran und ein Teil dieses Theaters zu sein. Dramaturgin Annika Stadler hatte das Skript geschrieben. "Eine wichtige Inspirationsquelle war das Spice-Girls-Fanbuch, das mir auf dem Trödelmarkt in die Hände fiel", erzählte sie. Einige Hörsturz-Besucher kommen seit Jahren, treffen sich fünf bis sechs Mal im Jahr und bilden schon einen kleinen Fanclub. Der Überraschungseffekt und die Nähe zu den Akteuren reizen sie.

"Spice up your life", das war für sie eine "verrückter Abgesang auf den Karneval", passend zum Aschermittwoch.

(rauh)
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