Moers "Überrascht und bestürzt zugleich"

Moers · Die Nachricht, dass die Moers Kultur GmbH in Schieflage geraten ist, war wie ein Paukenschlag. Reiner Michalke, künstlerischer Leiter, will sich dafür stark machen, dass das Festival stattfindet - kann es aber nicht versprechen.

Moers: "Überrascht und bestürzt zugleich"
Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Reiner Michalke (künstlerischer Leiter des Moers Festivals): "Als ich am 5. Februar von dem neuen Geschäftsführer der Moers Kultur GmbH, Dirk Hohensträter, via Email erfahren habe, dass der Gesellschaft die Insolvenz drohen soll, war ich völlig überrascht und bestürzt zugleich. Nach den mir vorliegenden Zahlen und Fakten mit Stand November 2015 und der Zusicherung des Bundes, das Festival für drei Jahre mit jährlich 150.000 Euro zu unterstützen, bin ich von einer wirtschaftlichen Konsolidierung des Festivals - zumindest für die kommenden drei Jahre - ausgegangen. Bei den Zahlen, die der Geschäftsführer gestern dem Aufsichtsrat und mir vorgelegt hat, wurden wirtschaftliche Bewertungen vorgenommen (Rückstellungen, Abschreibungen, Risikoaufschläge bei Ausgaben und Risikoabschläge bei Einnahmen), die ich weder nachvollziehen noch bestätigen kann. Eine eingehende Prüfung dieser Unterlagen behalte ich mir vor. Ich werde mich mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft dafür einsetzen, dass das kommende 45. Moers Festival stattfinden wird, kann aber zum jetzigen Zeitpunkt auch eine komplette Absage des Festivals nicht ausschließen."

Ingo Brohl (CDU): "Ich bin verärgert. Aktuell geht es der CDU aber vordringlich darum, weiteren finanziellen und Image-Schaden durch die massive Schieflage der Gesellschaft zu verhindern. Die Frage nach der Verantwortung steht erst dann an. Aus Sicht der CDU gäbe es viel dazu zu sagen, im Sinne der städtischen Finanzen und der Sache ist dies aber jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Die CDU sieht sich darin bestätigt, dass es notwendig und längst überfällig war, einen Geschäftsführer mit kaufmännischer Kompetenz zu bestellen."

Moers: "Überrascht und bestürzt zugleich"
Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Dino Maas (FDP) "Das drohende Aus für das Moers-Festival ist ein Paukenschlag. Momentan kann ich als Politiker zu den Vorgängen keine vernünftige Stellung beziehen. Und weil der Aufsichtsrat nicht öffentlich tagt, darf ich nicht einmal sagen, wie sich die FDP bei Abstimmungen über den Wirtschaftsplan verhalten hat. Jetzt werden Dinge öffentlich, die auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden müssen. Die Kultur GmbH muss dazu schnell Zahlen auf den Tisch legen."

Bündnis für Moers: "Wir sind von der Entwicklung bei der Kultur GmbH überrascht. Bisher haben Wirtschaftsprüfer, Gutachter und Beteiligungsverwaltung im Zusammenhang mit der Festivalhalle und dem Wirtschaftsplan der Kultur GmbH keine Probleme erkennen lassen. Wir werden uns vom Geschäftsführer der Kultur GmbH die Zahlen baldmöglichst erläutern lassen. Es scheint sich zu bestätigen, was wir schon länger gefordert haben: Die Festivalhalle muss anders verortet werden, wie vom Gutachter für die Kultur GmbH beschrieben bei einem starken Dritten. Das Moers-Festival 2016 soll und muss nach unserer Auffassung stattfinden, denn eine kurzfristige Absage macht auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keinen Sinn." (Mark Rosendahl (SPD), Christopher Schmidtke (Bündnis 90 / Die Grünen) und Claus Peter Küster (Die Grafschafter).

Gabriele Kaenders (Linke) "Meine Fraktion hat mit Schrecken die Information zur Kenntnis genommen, dass die Moers Festival GmbH vor der Insolvenz steht und somit der Erhalt des Festivals wie auch schon dessen diesjährige Durchführung stark bedroht sind. Es war ein Fehler, für die Ausrichtung des Festivals eine GmbH zu gründen. Dadurch hat es nie die erforderliche Transparenz gegeben. Dass es auch anders geht, sieht man bei der Enni AÖR. Ein weiterer Fehler war, einen Nicht-Fachmann zum Geschäftsführer zu bestellen. Schon bei kleinen Vereinen sind die Vorgänge aufgrund der gesetzlichen Vorgaben so komplex, dass man da schnell überfordert ist. Ich habe jetzt Angst davor, dass uns nun wieder erzählt wird, dass wir zur Deckung des Defizits entweder wieder die Grundsteuer erhöhen sollen oder freiwillige Leistungen streichen müssen. Sollen wir etwa Bibliotheken schließen, damit das Festival stattfinden kann? Jetzt kann es bei der Frage nach der Zukunft des Festivals nur noch um eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung gehen.

Moers-Festival 2018: Fotos vom 18. bis 21.5.
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Foto: Klaus Dieker/Dieker, Klaus (kdi)

Siegmund Ehrmann (SPD-Bundestagsabgeordneter und Aufsichtsratsmitglied in der Kultur GmbH): "Ich musste mich in der jüngsten Aufsichtsratssitzung vertreten lassen und habe von den Vorgängen erst über rp-online erfahren. Diese neue betriebswirtschaftliche Einschätzung schafft eine extrem schwierige Lage. Ich hatte mich mit meinen Bundestagskollegen für Mittel eingesetzt, die das Festival dauerhaft konsolidieren sollten. Es wäre nicht zu verantworten, dieses Geld in ein von Insolvenz bedrohtes Unternehmen zu stecken. Deshalb muss der Geschäftsführer möglichst bald ein Sanierungskonzept vorlegen. Ich werde mich wegen des Festivals noch mit meiner Kollegin Kerstin Radomski (CDU) zusammensetzen."

(RP)
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