Moers Wahljahr 2017: Enges Rennen erwartet

Moers · Im Jahr 2017 haben die Bürger gleich zweimal die Wahl: Am 14. Mai sind Landtagswahlen. Über die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags wird dann im September entschieden. Welche Chancen haben die Kandidaten?

 Rainer Groß: Landtagskandidat der CDU.

Rainer Groß: Landtagskandidat der CDU.

Foto: arfi

Ingo Brohl (CDU) hat sein Team für den Landtagswahlkampf schon zusammen, sein Rivale Ibrahim Yetim (SPD) dagegen hat sich noch nicht einmal entschlossen, ob er in diesem Jahr überhaupt einen persönlichen Landtagswahlkampfleiter benennen will. So unterschiedlich die Wege sind, das Ziel ist zumindest bei den Kandidaten von CDU und SPD gleich: Beide wollen ihren Wahlkreis Wesel IV (Moers und Neukirchen) direkt gewinnen. Ibrahim Yetim geht als Favorit ins Rennen. 2012 bekam er fast doppelt so viele Stimmen wie sein Gegenkandidat. Doch in diesem Jahr wird es für ihn wesentlich enger werden. Brohl hat in seiner Partei für eine Aufbruchsstimmung gesorgt. Dazu ist er ein gewiefter Stratege: Nicht zufällig hat CDU-Bürgermeisterkandidat Christoph Fleischhauer den SPD-Gegenkandidaten bei den Wahlen vernichtend geschlagen.

 Landtagskandidat René Schneider (SPD).

Landtagskandidat René Schneider (SPD).

Foto: arfi

Deshalb wird die Wiederwahl für Yetim kein Selbstläufer. Das weiß er auch selbst. Seine mediale Präsenz ist in den vergangenen Monaten spürbar gestiegen. "Dabei nehme ich nicht mehr Termine wahr als in den Jahren vorher auch", versichert der Abgeordnete. "Ich sorge nur dafür, dass das besser wahrgenommen wird als früher." So hat Yetim seit einem Jahr Facebook für sich entdeckt, wo Brohl schon lange vorher erfolgreich unterwegs war.

 Landtagskandidat: Ibrahim Yetim (SPD).

Landtagskandidat: Ibrahim Yetim (SPD).

Foto: kdi

Dagegen könnte René Schneider (SPD) vermutlich die nächsten viereinhalb Monate Urlaub machen, ohne dass seine Wiederwahl im Wahlkreis Wesel II (Xanten, Alpen, Sonsbeck, Rheinberg, Kamp-Lintfort und Vluyn) gefährdet wäre. Zum einen ist Schneider - darin Brohl nicht unähnlich - ein Kommunikationsprofi. Er ist gut vernetzt und mit seinen Touren durchs Land nah bei den Menschen. Die Erfolge seiner Heimatstadt Kamp-Lintfort (Hochschulansiedlung, Landesgartenschau 2020, neuer Bahnanschluss) fallen auch auf ihn zurück. Dagegen könnte man sich seinen Gegenkandidaten Rainer Groß (CDU) aus Xanten eher als Mitglied im Landesvorstand einer Polizeigewerkschaft denn als Landtagsabgeordneter vorstellen. Vielleicht ist dies aber auch eine Fehleinschätzung, die allerdings auf der unbestreitbaren Tatsache beruht, dass im Süden des Kreises Wesel nur wenige Menschen Groß einmal persönlich kennengelernt haben.

 Elke Buttkereit, Bundestagskandidatin der SPD.

Elke Buttkereit, Bundestagskandidatin der SPD.

Foto: kdi

Der Ausgang der Landtagswahl ist aber nicht nur für die Zusammensetzung des Düsseldorfer Parlaments ausschlaggebend. Das Wahlergebnis wird auch ein Stimmungsindikator für die Bundestagswahl im September sein. In der Region am spannendsten verspricht nach jetziger Lage der Dinge der Zweikampf zwischen den beiden Spitzenkandidatinnen im Wahlkreis 114 (Moers, Neukirchen-Vluyn, Krefeld-Nord) zu werden. Die Neukirchen-Vluynerin Elke Buttkereit (SPD) will Nachfolgerin ihres Parteifreundes Siegmund Ehrmann (SPD) werden, doch müsste sie dazu die Krefelderin Kerstin Radomski (CDU) schlagen, die schon 2012 Ehrmann gefährlich nahegekommen war. Für Radomski spricht, dass sie in ihrer ersten Legislaturperiode viel Präsenz im Wahlkreis gezeigt hat und inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad genießt. Gegen sie könnte man einwenden, dass man immer noch nicht richtig weiß, für welche Positionen sie steht. Nicht von ungefähr wurde sie Opfer der Anti-Merkel-Kampagne ihres Parteifreundes Gerald Wagener ("weißes Kreuz auf weißem Grund").

 Bundestagskandidatin Kerstin Radomski (CDU).

Bundestagskandidatin Kerstin Radomski (CDU).

Foto: CDU

Aber auch Buttkereit muss sich noch profilieren. Bundespolitisch ist sie ein unbeschriebenes Blatt, dazu wird sie in Krefeld erst allmählich als öffentliche Person wahrgenommen. Doch sie hat das Momentum für sich. Sozial engagiert, katholisch verwurzelt, mit viel Verständnis für den Mittelstand - das passt für den sehr heterogenen Wahlkreis. Umgekehrte Vorzeichen dagegen im Wahlkreis 113. Dort trifft der Kamp-Lintforter Jürgen Preuß (SPD) auf langjährige Erfahrung in der Bundespolitik: Gegenkandidatin Sabine Weiss aus Dinslaken ist seit Oktober 2009 Mitglied im Deutschen Bundestag. Die Juristin und CDU-Politikerin, die wie Preuß im Bundestagswahlkreis 113 Wesel 1 antritt, will 2017 ein drittes Mal nach Berlin. Dort ist sie seit 2014 stellvertretende Fraktionsvorsitzende für die Bereiche Arbeit und Soziales, Arbeitnehmer, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Außerdem ist sie Mitglied des CDU-Bundesvorstands. Jürgen Preuß bewirbt sich zum ersten Mal um ein Bundestagsmandat. Als stellvertretender Bürgermeister hat er sich einen Namen gemacht. Erst im Frühjahr 2016 übernahm er den Vorsitz der SPD-Fraktion im Stadtrat. Preuß sagt über sich, dass er in einer Arbeiter- und SPD-Familie aufgewachsen sei. 1990 trat er selbst in die SPD ein, nachdem er an der Fachhochschule Niederrhein eine Juso-Hochschulgruppe gegründet hatte. Seit 2004 gehört er dem Stadtrat an. Ein Antrieb, sich 2017 um ein Bundestagsmandat zu bewerben, hängt auch mit der Entwicklung seiner Heimatstadt zusammen. Kamp-Lintfort, eine Stadt im Strukturwandel, hat sich viel vorgenommen: Das Rathausquartier und die Zechenbrache werden entwickelt. Auch vor diesem Hintergrund möchte er in Berlin für die Region sprechen. Davon muss er allerdings die Wähler aus den übrigen Kommunen in seinem Wahlkreis überzeugen.

 Bundestagskandidat Jürgen Preuß (SPD).

Bundestagskandidat Jürgen Preuß (SPD).

Foto: kdi
 Bundestagskandidatin Sabine Weiss (CDU).

Bundestagskandidatin Sabine Weiss (CDU).

Foto: bsw

Über allen Wahlen aber hängt ein großes Fragezeichen. Wem wird die AFD am meisten schaden? Es gibt nicht wenige Experten, die glauben, dass in den Ballungszentren vor allem SPD-Wähler zu den Rechtspopulisten überlaufen könnten.

(RP)
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