Moers Wenn nach der Flucht ein Trauma bleibt

Moers · In der Innenstadt haben die Mitarbeiter des neuen Psychosozialen Zentrums die Arbeit aufgenommen.

 Das PSZ-Team: (von links) Bilgenur Zaman, Anne Frensch von der Flüchtlingsberatung, Antonia Randolt und Andrea Mierzwa.

Das PSZ-Team: (von links) Bilgenur Zaman, Anne Frensch von der Flüchtlingsberatung, Antonia Randolt und Andrea Mierzwa.

Foto: AWO KV Wesel/kdi

Ein großer Baum soll bald die weiße Wand im Büro von Antonia Randolt schmücken. Ein Freund der Psychologin wird in arabischer Kalligraphie den Schriftzug "Nur wo ein Samen ist, kann ein Baum wachsen" darunter schreiben. Randolt hatte den Iraker gefragt, was ihm damals Mut gemacht hätte, als er selbst vor vielen Jahren als Flüchtling nach Deutschland kam. Im neuen Psychosozialen Zentrum Niederrhein (PSZ) der Awo soll das Wandbild beim ersten Gespräch mit Flüchtlingen als Eisbrecher dienen, etwas Vertrautes sein. Seit Anfang August betreuen Antonia Randolt und die Diplom-Pädagogin Andrea Mierzwa in den neuen Räumen in der Seminarstraße Menschen, die durch die Zustände in der Heimat oder die Erlebnisse auf der Flucht traumatisiert sind.

Der Bedarf ist groß, das Erlebte oft so gravierend, dass ein normales Weiterleben unmöglich ist. "Nur wer die psychische Erkrankung überwinden kann, schafft auch den ersten Schritt in die Integration", sagt Regelind Holzwarth, Leiterin der Abteilung Familienpolitik beim Awo-Kreisverband Wesel. Das erste Gespräch mit traumatisierten Personen, die beispielsweise von Sozialämtern, Ehrenamtlern oder Mitarbeitern der Flüchtlingsunterkünfte an das PSZ vermittelt wurden, führt Mierzwa. Dabei findet die Pädagogin heraus, welche Hilfe die jeweilige Person benötigt, ob eine soziale Betreuung ausreicht oder die Menschen an die Psychologin verwiesen werden. "Flüchtlinge sind oft sehr misstrauisch und öffnen sich nicht so leicht. Da muss man sich ganz langsam rantasten", sagt Mierzwa. So habe es einmal eine ganze Stunde gedauert, bis ein älterer Mann ihr seinen Namen verraten wollte. Randolt ist bei der psychologischen Behandlung häufig auf einen Sprachmittler angewiesen. Das sei eine besondere Herausforderung: "Therapie steht und fällt damit, ob sich Klient und Therapeut verstehen. Man muss sich dann darauf verlassen, dass der Sprachmittler das, was man sagt, auch genau so übersetzen kann. Und nicht alles, was ich einem westeuropäischen Klienten sage, kommt auch so bei Menschen aus einer anderen Kultur an", so Randolt.

Das PSZ-Team möchte bald auch eine Gruppentherapie für traumatisierte Kinder anbieten. "Manche Kinder wurden von ihren Eltern getrennt, mussten auf der Flucht mit ansehen, wie ihre Mutter ertrank. Viele haben den Krieg vor der eigenen Haustür miterlebt, die müssen diese ganzen Erlebnisse aufarbeiten können", sagt Holzwarth.

Ist der Grad der Traumatisierung besonders hoch, kann durch ein Gutachten des Teams der Asylantrag beschleunigt oder ein Umzug in eine eigene kleine Wohnung ermöglicht werden.

Das Büro an der Seminarstraße 14 in Moers ist dienstags und freitags von 10 bis 12 Uhr und donnerstags von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

(RP)
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