Moers Wie 350 Fahrräder Flüchtlingen helfen

Moers · Die Sponsorengelder sind aufgebraucht, deshalb haben der Bunte Tisch und seine Kooperationspartner ihr Projekt "Mobilität in Moers" offiziell abgeschlossen. Dennoch sollen weiterhin Fahrräder an Bedürftige abgegeben werden.

Der Titel "Mobilität in Moers" klingt etwas hochtrabend. Es ging ja "nur" darum, gebrauchte Drahtesel an Menschen zu verteilen, die sie brauchen konnten. Aber das Projekt machte viel Sinn. "Das Fahrrad ist für die Leute ein Stück Lebensqualität", sagte Polizeihauptkommissar Joachim Großart. "Es ist wirklich der erste Schritt in die Mobilität."

Zusammen mit seinem Kollegen PHK Jürgen Hildebrand codierte Großart am letzten Projekttag vor der Radstation am Moerser Bahnhof noch einmal Räder, mit denen dann einige glückliche Flüchtlinge davonfuhren. Insgesamt 350 Räder wurden im Rahmen von "Mobilität in Moers" seit August 2015 abgegeben. Zielgruppe waren "alle bedürftigen Menschen aus Moers", sagte Projektleiter Cihad Karabulut. In der Praxis ging es in erster Linie aber aber um Flüchtlinge.

Die Idee war beim Bunten Tisch entstanden, als dort Flüchtlinge vorsprachen, die eine Ausbildungsstelle gefunden hatten oder eine Schule besuchten, aber nicht wussten, wie sie hinkommen sollten. Der Bunte Tisch rief zu Fahrradspenden auf, mit Unterstützung der Moerser Firma CAD Schroer konnten auch gebrauchte Räder gekauft werden. Die Firma sponserte das Projekt mit rund 5000 Euro, weitere 3000 Euro steuerte die Freddy-Fischer-Stiftung für die Projektsteuerung bei.

Mitarbeiter der Radstation (Betreiber ist das Moerser Arbeitslosenzentrum) brachten die gebrauchten Räder in Schuss. Ein weiterer Projektpartner war die Justizvollzugsanstalt Kapellen, deren Insassen ebenfalls alte Räder aufmöbelten. Die Polizei codierte alle an die Flüchtlinge abgegebenen Gefährte Und der ADFC brachte den Empfängern gemeinsam mit der Polizei bei, wie sie sich im Straßenverkehr zu verhalten haben.

Der Kurs im Stadtteilbüro Mattheck war für jeden neuen Fahrrad-Besitzer Plicht. "Es war ja nicht sicher, dass jeder radfahren kann", sagte PHK Jürgen Hildebrand. Und Volker Vorländer vom ADFC meinte: "Die deutschen Radfahrer, die oft Stopp-Schilder und rote Ampeln missachten, sind keine Vorbilder."

Besonders dankte der Bunte Tisch zum Projektabschluss dem Moerser Johannes Rückert; er bekam für seinen Einsatz einen dicken Blumenstrauß. Von den 350 Rädern trieb Rückert allein 97 in Moers und Umgebung auf.

Ein Rad holte er sogar in Kalkar ab. "Der Spender hatte sich bei uns per Internet gemeldet." Rückert bezeichnete sich bescheiden als "verlängerten Arm" der Kirchengemeinde St. Josef, Pfarrbezirk St. Bonifatius. Dort sei die Idee entstanden, sich an dem Fahrradprojekt des Bunten Tisches zu beteiligen. Marianne Wasserscheid sei die Verantwortliche. "Und die Regie und Schirmherrschaft hat Pfarrer Karsten Weidisch übernommen, der uns leider verlassen hat".

Das Moerser Fahrradprojekt habe Gemeinden in Nachbarkommunen zur Nachahmung angeregt, sagte Rückert. "In Homberg und Neukirchen-Vluyn gibt es eigene Projekte."

Offiziell abgeschlossen wurde "Mobilität in Moers" jetzt, weil die Sponsorengelder aufgebraucht sind. "Aber wenn wir wieder zehn oder 20 Räder zusammenhaben, werden wir noch mal eine Übergabe machen", kündigte Cihad Karabulut an. Anfragen von Flüchtlingen gebe es genug. Michael Schroer, Chef der CAD Schroer, schloss nicht aus, dass seine Firma erneut finanziell einspringt.

"Das müssen unsere Mitarbeiter mitentscheiden." Jedes Jahr steigen bei CAD Schroer Mitarbeiter eine Zeit lang vom Auto aufs Fahrrad um. Für jeden geradelten Kilometer zahlt die Firma einen Betrag, die Gesamtsumme wird dann an soziale Zwecke gespendet.

(RP)
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