Moers Wie Frau Alt ihren Engeln des Jahres begegnete

Moers · Für Ingrid Alt steht fest: Ihre persönlichen Engel des jahres kommen aus Albanien. Allerdings begann ihre Begegnung mit den himmlischen Boten vom Balkan mit einem Missgeschick.

 v.l. Linolita, Metual und Senad Muca haben Ingrid Alt ihre verlorene Handtasche wiedergegeben

v.l. Linolita, Metual und Senad Muca haben Ingrid Alt ihre verlorene Handtasche wiedergegeben

Foto: Dieker Klaus

"In einem Anfall von Schusseligkeit", wie sie selber sagt, hatte sie auf der Fahrt von Vluyn nach Moers ihre Handtasche in einem Bus der Linie 929 liegengelassen. Den Verlust hatte sie bemerkt, kaum hatte der Bus die Haltestelle verlassen. Doch zu spät. Die Tasche enthielt Ausweis, Führerschein, Schlüsselbunde, Versicherungskarte, Scheckkarten, Portemonnaie mit 150 Euro Inhalt - ein Alptraum.

Wenig hilfreich war das Busunternehmen selbst: Im Kundendienstzentrale war zunächst nur ein Endlosband mit dem Hinweis auf eine Auslastung sämtlicher Leitungen erreichbar, das um 16 Uhr auf ein anderes Band umschaltete, das Ingrid Alt mitteilte, dass sie außerhalb der Dienstzeiten anriefe. Am nächsten Tag wurde sie persönlich beim Busunternehmen vorstellig. Doch abgegeben worden war nichts. Unverrichteter Dinge musste sie wieder nach Hause zurückfahren.

Kaum war sie dort angekommen, klingelte es an der Haustür des Homberger Mehrfamilienhauses. "Wir haben eine schwarze Tasche gefunden", sagte eine Männerstimme in der Sprechanlage. Kurz darauf standen zwei junge Leute im Wohnzimmer von Ingrid Alt: Senad und Lindita Muca, geboren in Albanien, wohnhaft in Moers.

Mutter und Sohn hatten die Tasche im Bus entdeckt. Darin, so berichtet Lindita Muca, habe sich zwar ein Ausweis mit Adresse befunden, nicht aber eine Telefonnummer. "Wir haben einfach versucht, uns in die Lage der Besitzerin zu versetzen, berichtete Lindita Muca. Deshalb schwangen sich die beiden am nächsten Morgen in Moers auf ihre Fahrräder und steuerten zunächst Hochheide an. Dort klingelten sie an einer Wohnung in der Bismarckstraße in Hochheide. Die Frau, bei der sie anschellten, hieß zwar mit Vornamen ebenfalls Ingrid. Aber eine Handtasche hatte sie nicht verloren. Sie machte die Besucher auf den Bismarckplatz im benachbarten Alt-Homberg aufmerksam. Dort endlich waren die beiden Albaner an der richtigen Adresse.

Im Wohnzimmer erzählte Sohn Senad die Geschichte seiner Familie: Vor vier Jahren war Senads Vater, ein Tierarzt, mit seiner Familie in Moers angekommen. Senad hatte sich schnell angepasst und nacheinander Hauptschul- und Realschulabschluss nachgeholt. Er spricht inzwischen besser Deutsch als manche Deutschen.

Lindita hingegen hatte sich schwerer getan, weil sie in ihren eigenen vier Wänden zunächst nur wenig Kontakt mit Deutschen hatte. Inzwischen belegt auch sie einen Intensivkurs.

Finderlohn hätten die beiden zunächst abgelehnt, berichtet Ingrid Alt. Doch da ließ die resolute Seniorin nicht mit sich reden. Inzwischen hat sie sich auch für den Besuch revanchiert und war bei Familie Muca in Moers zu Gast.

"Eigentlich", sagt Ingrid Alt mit leichtem Lächeln, "hatte ich mir Engel immer ganz anders vorgestellt.

(ock)
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