Rheurdt "Zu Weihnachten machen wir Party am Strand"

Rheurdt · Andrew Porteous stammt aus Neuseeland, heute lebt er mit seiner Familie in Rheurdt. Die immense Bedeutung des Christfestes in Deutschland wundert ihn immer wieder.

 Andrew Porteous mit einem Kiwi aus Plüsch. Der Kiwi, ein flugunfähiger Vogel, ist das Nationaltier der Neuseeländer, die sich selber auch scherzhaft "Kiwis" nennen. Vor allem die grandiose Landschaft des Zwei-Insel-Staates fasziniert europäische Besucher.

Andrew Porteous mit einem Kiwi aus Plüsch. Der Kiwi, ein flugunfähiger Vogel, ist das Nationaltier der Neuseeländer, die sich selber auch scherzhaft "Kiwis" nennen. Vor allem die grandiose Landschaft des Zwei-Insel-Staates fasziniert europäische Besucher.

Foto: Klaus Dieker

Eine der ersten Lektionen, die Andrew Porteous lernen musste, als er nach Deutschland kam: Hierzulande kann man nicht einfach irgendwo sein Auto hinstellen. Denn es gilt die Faustregel: Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, das ist wahrscheinlich verboten. "Ich habe damals viele Strafzettel gesammelt", sagt er und grinst.

Heimat, das bedeutet für ihn Neuseeland, und das ist bekanntlich ziemlich weit weg von Deutschland. Geboren auf der Nordinsel, aufgewachsen auf der Südinsel von Neuseeland, kennt er beide Seiten dieses Landes: Die unberührte Natur und die lebendigen Küstenstädte, wo die Neuseeländer beispielsweise ihrer Leidenschaft für Wassersport nachgehen. Porteous erinnert sich aber auch an Bergwanderungen, an den Flanken des Mount Cook, dem höchsten Berg des Landes, wo es in eisiger Höhe warme Pools gibt, von denen aus man, komfortabel plätschernd, den südlichen Sternenhimmel beobachten kann.

Solche Attraktionen bietet der Höhenzug bei Rheurdt zwar nicht, aber Andrew Porteous bekräftigt, dass er sich in Deutschland wohlfühlt. Seine Frau lernte er in den USA kennen, sie stammt vom Niederrhein, und so zog es auch ihn hierhin.

Und so lernte er die Eigenheiten der Deutschen kennen - beispielsweise ihre Besessenheit vom Weihnachtsfest. "Schon ab Ende August kann ich es spüren", meint er. "Und dann baut es sich immer weiter auf bis zum Heiligabend." In Neuseeland werde dagegen um dieses Fest nicht so ein Kult gemacht. Außerdem ist die Umgebung dort nicht eben klassisch weihnachtlich. "Für die Neuseeländer ist es ,the height of summer', wir sind dann am Strand, braten frischen Fisch, machen Party." Knecht Ruprecht müsste sich dort eine gute Sonnencreme besorgen - allein schon wegen der starken UV-Strahlung auf der Südhalbkugel.

Spätestens seit den "Herr der Ringe"- und "Hobbit"-Filmen, die auf Neuseeland gedreht wurden, sehnen sich viele Deutsche nach dem wild-romantischen Land auf der anderen Seite der Welt. Dafür treibt so manchen Neuseeländer die unerfüllte Sehnsucht nach Europa um, erklärt Andrew Porteous. "Mother Europe", das sei ein oft gehörter Begriff, ein Symbol. In den 80er Jahren, erinnert er sich, fühlten sich viele Jugendliche im Inselstaat so isoliert vom Rest der Welt, dass manche in Depressionen versanken und sogar den Freitod wählten.

Eine leider sehr reale Gefahr ist auch die Bedrohung Neuseelands durch Erdbeben. Zwar haben die Vulkane die grandiose Landschaft der Inseln geschaffen, doch fürchten die Experten, dass das Land eines Tages von Katastrophen heimgesucht werden könnte. In diesem Punkt ist es in Rheurdt zweifellos sicherer.

Mal abgesehen von den Knöllchen - wie hat er als Neuling in Deutschland dieses Land wahrgenommen? "Ich war begeistert, wie ordentlich hier alles ist. Selbst das Gestrüpp am Rand der Autobahn wird schön sauber geschnitten."

Die Deutschen selber wirkten auf ihn zunächst bedrückend ernst. Doch dieser Eindruck verflog, als man sich näher kennenlernte. "Die Deutschen sind wie Kokosnüsse. Von außen wirken sie hart und verschlossen, aber innen sind sie ,full of the milk of human kindness." Voll der Milch der frommen Denkungsart also.

Ein deutlicher Unterschied zu den Neuseeländern sei allerdings die Einstellung der Deutschen zur Arbeit. "Ihr lebt um zu arbeiten, wir arbeiten um zu leben." Und manchmal vermisse er die entspannte, unverkrampfte Art, mit der die Neuseeländer das Leben meistern. Gerade in diesen Tagen, vor Weihnachten, wirkten die Deutschen oft ziemlich gereizt. "Es gibt bei uns einen typischen Spruch: "No worries, mate, she'll be right." Frei übersetzt: Hey, keine Panik, geht schon alles in Ordnung.

(RP)
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