Nettetal 100 Gymnasiasten entlarven einen Mörder

Nettetal · Für eine Schulwoche werden die Neuntklässler am Werner-Jaeger-Gymnasium zu Ermittlern. Beim Projekt "Dem Täter auf der Spur" klären sie den fiktiven Mord an einem Karnevalsprinzen auf

Blutspuren zwischen Konfetti, Luftschlangen und Biertischen, die Karnevalsfeier endete mit einem Mord, das Opfer ist der Karnevalsprinz: "Hier ist Lippenstift an der Flasche!", ruft einer vom Ermittlungsteam. Sofort tüten die Mitarbeiter der Spurensicherung, alle in weiße Schutzanzüge gehüllt, das Beweismittel ein. "Am besten alles ins Labor!", sagt Anna. Sie gehört zu den jungen Ermittlern des Werner-Jaeger-Gymnasiums: "Dem Täter auf der Spur" heißt das Krimiprojekt, mit dem sich 100 Neuntklässler noch bis Freitag befassen.

"Das macht auch Spaß, aber wir nehmen das durchaus ernst. Bei der Bestimmung der Blutgruppe etwa müssen wir uns schon konzentrieren, das gehört zum Biounterricht", hebt Anna hervor. Sorgfältig gehen die Schüler vor: Die einen prüfen und messen, die anderen notieren und fotografieren, wieder andere befragen Zeugen oder analysieren konzentriert Blutspuren vom Tatort - auch wenn es Kunstblut ist.

Eine konkrete Spur zum Mörder haben die Jugendlichen am Dienstag aber noch nicht. "Aber es gibt erste Vermutungen und Verdächtige", schildert Lehrer Hanno Eckers. Er koordiniert den Ablauf: "Für die Klassen 9 ist ein fächerübergreifendes Projekt vorgeschrieben, wir führen seit elf Jahren das Krimi-Thema durch." Gearbeitet werde immer an einem neuen, möglichst realistischen Fall. Jetzt wurde ein fiktiver Karnevalsprinz in Ratingen ermordet: Er war Kämmerer der Stadt, die Ermittler stoßen auf ein Geflecht von Affären, Korruptionsverdacht und potenziellen Tätern aus dem Kreis der Familie und der politischen Gegner. Hinter den Schüler-Ermittlungen steckt ein pädagogisches Konzept. "Zum einen geht es darum, sich im Recherchieren und Ermitteln zu üben, zum anderen, Kenntnisse in Fächern wie Deutsch, Biologie und Kunst zu vertiefen, praktisch anzuwenden und Neues dazuzulernen", sagt Eckers. Im Vordergrund stehe dabei die Teamarbeit.

Zum Projektteam, das den Krimifall konstruiert, die Tatorte herrichtet und die Schüler begleitet, gehören die Lehrer Monja Izquierdo von Paller, Susanne Theuring, Koordinator Hanno Eckers sowie Referendarin Leonie Paschke. Sie bauen vier identische "Tatorte" für vier Neuner-Klassen in den Klassenzimmern auf. Die Schüler werden eingeteilt in Gruppen von Ermittlern, Spurensicherung und Berichterstattern. Diese dokumentieren als Fotografen, Redakteure und Layouter täglich auf einer Zeitungsseite im Schulfoyer den Stand der Ermittlungen. Eingeweihte Oberstufenschüler werden als Zeugen befragt, zum Beispiel von der "Soko 9d", die sich "Die Sonderkommission mit Sozialkompetenz" nennt.

Seit dem gestrigen Mittwoch scheint die Lösung klar: Der Mord war ein Familiendrama. Der Mörder ist der neidische Bruder, der selbst gern Prinz geworden wäre und im Affekt zur Schusswaffe griff. Doch damit ist die Spannung längst nicht raus und die Arbeit nicht getan. Denn nach der Rekonstruktion des Tathergangs wird der Fall literarisch und szenisch dokumentiert.

Morgen präsentieren die Ermittler die Auflösung des Krimifalls vor Oberstufenschülern und Lehrern als Theater-Szenen in der Werner-Jaeger-Halle. Schüler-Ermittlerin Anna: "Wir ziehen das vom ersten bis zum letzten Tag voll konzentriert durch."

(jobu)
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