Nettetal AfD-Mann sorgt für Eklat in Ratssitzung

Nettetal · Dirk Schlomski beleidigte im Nettetaler Rat die Fraktionsvorsitzenden und stellte Bürgermeister Christian Wagner als Lügner dar. Der wies die Unterstellungen als spekulativ und bösartig zurück

Zündstoff gab es genug, und doch verlief die Sondersitzung des Rates am Donnerstagabend zunächst erstaunlich ruhig und sachlich. Bürgermeister Christian Wagner (CDU) sowie die Fraktionsvorsitzenden trugen ihre Argumente vor, warum man sich zwar nicht einhellig, aber doch mehrheitlich mit dem umstrittenen Standort Kneppenhof in Glabbach als Unterkunft für Asylbewerber anfreunden könne.

"Dar jibt nix mehr" hatte noch am Abend noch am Abend zuvor ein Ratsmitglied auf dem Rathausflur geunkt. Zu der Zeit berieten noch einmal die Fraktionen, der Ältestenrat rang um einen Kompromiss. Knackpunkt dabei: Mangels geeigneter Alternativen würde eigentlich der Kneppenhof als Unterkunft für Flüchtlinge gebraucht, doch die Proteste der Anwohner in Glabbach vor allem gegen die hohe Zahl von 200 Plätzen sollten nicht ignoriert werden.

Am Donnerstagmorgen dann sickerte aus dem Rathaus durch: Alles werde gut, man habe sich in letzter Minute auf einen Kompromiss einigen können, der zwar niemanden begeistere, der aber doch mehrheitsfähig sei. Entsprechend sah die Beschlussvorlage aus: Statt 200 nur 120 Flüchtlinge im Kneppenhof, und zwar möglichst Familien statt junger Männer. Auffällig bemühten sich Fraktionsvorsitzenden dann, eine gemeinsame Entscheidung aller herbeizuführen, wohl auch angesichts der vielen Zuhörer aus Glabbach im Saal.

"Es ist unerlässlich, parteiübergreifend zu entscheiden", mahnte Ingo Heymann (CDU) im Rat. Trotz "Risiken und Bedenken" sei seine Fraktion "mit überwiegender Mehrheit" für den Beschlussvorschlag. Ähnlich Renate Dyck (SPD), die die Bedeutung der "interfraktionellen Beratungen" hervorhob. Guido Gahlings (Grüne) meinte, dass man trotz "einiger Nachteile" für den Kompromiss sein könne. Zwar erklärte Hajo Siemes, seine WIN-Fraktion werde gegen den Kneppenhof stimmen, aber Hans-Willy Troost (FDP) verspürte angesichts der sachlichen Diskussion doch "eine mitfühlende Willkommenskultur für Flüchtlinge".

Freilich war das nur die die Ruhe vor dem Sturm. Als Dirk Schlomski von der AfD-Fraktion das Wort ergriff, kam es dann zum Eklat: Er beschimpfte und beleidigte sowohl die Fraktionsvorsitzenden als auch den Bürgermeister. Christian Wagner unterstellte er, er sage "nicht die Wahrheit". Und Renate Dyck habe im Ältestenrat noch etwas anderes gesagt, sie wechsele ihre Meinung von einem Tag auf den anderen - und so bekam nach und nach jeder sein Fett weg. Die Folge: allgemeine Empörung im Saal. Angesicht des Gejohles unter einigen Zuhörern, die Schlomski als "liebe Besucher" begrüßte, vermutete Marcus Ploenes (Grüne), der AfD-Mann habe "organisierte Gröler angekarrt". Renate Dyck warf Schlomski vor, gegen alle Regeln vertrauliche Vereinbarungen aus dem Ältestenrat auszuplappern, man sei gewählt worden, Probleme zu lösen und nicht, "sich in Populismus zu üben". Wagner zeigte sich perplex, er habe "noch nie erlebt, dass sich ein Mitglied dieses Rates so spekulativ und bösartig äußert". Von "Stilbruch" sprach Jürgen Boyxen (CDU). Und auch Lothar Kronauer, fraktionsloses AfD-Mitglied, gab sich entsetzt: "Ich möchte mich von diesen Äußerungen distanzieren." Als die Diskussionen nach der Sitzung weitergingen, war Schlomski längst verschwunden.

(RP)
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