Nettetal Als Römer in Breyell lebten

Nettetal · Am Kreuzweg in Breyell untersuchen Archäologen eine römische Hofstelle aus dem knapp 3. Jahrhundert. Beim Tag des offenen Denkmals am Sonntag können Besucher den Forschern bei der Arbeit zusehen

Die Baggerschaufel senkt sich vorsichtig, ganz langsam ab, gräbt sich nur eben in die obere Erdschicht und trägt wenige Zentimeter ab. Ein Ausgrabungstechniker geht anschließend mit einem Metalldetektor Stück für Stück den abgetragenen Bereich ab, auf der Suche nach Münzen. Bisher hat das Ausgrabungsteam einen Bereich von rund 6000 Quadratmeter neben der Autobahnausfahrt in Breyell untersucht und dabei eine alte römische Hofstelle sowie zwei Nebengebäude gefunden. Auch drei Brunnen entdeckten die Archäologen und vereinzelte Scherben und Dachziegeln. Nun wird weiter gegraben. Im Rahmen des Tags des offenen Denkmals können Besucher morgen die Arbeiten vor Ort mitverfolgen und rund 1700 Jahre alten Scherben anfassen. Sie sind datiert auf Ende des 2. oder Anfang des 3. Jahrhunderts nach Christus.

"Es gibt einzelne Hinweise darauf, dass hier womöglich reichere Römer gelebt haben", erläutert Ausgrabungsleiter Yannick Raczynski-Henk. "Denn wir haben Steine gefunden, die wohl zum Hausbau verwendet wurden." Das sei nur bei reicheren Römern zu finden. Üblicherweise wurden die Häuser aus einfachen Holzpfosten, Lehm und Stroh gebaut, ähnlich wie Fachwerkhäuser. Sie hatten eine Lebensdauer von maximal 25 Jahren, erläutert der Archäologe.

Wo genau ein Haus gestanden hat, können die Forscher anhand von Verfärbungen in den Erdschichten erkennen. Dunklere Bereiche zeigen an, ob dort einst ein Pfosten gestanden hat oder ein Brunnen angelegt gewesen war. Drei Wasserstellen hat das Ausgrabungsteam, das aus drei Archäologen, zwei Grabungstechnikern und einem Baggerfahrer besteht, gefunden. "Wenn das Wasser in einem Brunnen faul wurde, wurde er zugekippt oder als Abfallstelle verwendet und ein neuer Brunnen ausgehoben", erläutert Raczynski-Henk. Heute kann man nur noch die Brunnen erahnen. Schräg verlaufende Linien in den Erdschichten zeigen an, wo und wie tief sie in die Erde reichten. Bisher ist die Grube rund 1,5 Meter tief.

Eher ungewöhnlich ist, "dass wir hier einen Einzelhof gefunden haben", sagt Jan Krist, Chef der Ausgrabungsfirma. Möglicherweise handelt es sich um einen Hof von einem ehemaligen Veteranen aus dem römischen Heer. "Als Belohnung erhielten diese entweder Gold oder ein Stück Land." Auch einen Seltenheitswert haben gut sichtbare Spuren eines Pfluges. "Man kann erkennen, wie sich die Schaufel in die Erde gegraben hat", erläutert der Niederländer. "Diese Spuren sind jedoch jünger, sie stammen aus dem Mittelalter.

Weitere Funde des Ausgrabungsteams sind Keramikscherben und Dachziegel. "Manchmal reicht nur ein kleines Stück Rand, um die Art, Größe und Umfang des Gefäßes zu bestimmen", erläutert Raczynski-Henk. "Zudem kann Keramik mittlerweile fast aufs Jahr genau datiert werden." Was den Archäologen so besonders an seiner Arbeit reizt, ist das Wissen, dass "ich der Erste seit vielen hundert Jahren bin, der beispielsweise diese Scherbe in der Hand hält. Ich kann selber an der Geschichte der Menschen mitschreiben."

Ab Montag sollen weitere Areale untersucht werden. Bisher haben die Ausgrabungen die Stadt 50.000 Euro gekostet.

(RP)
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