Nettetal Auf Nagelsandalen nach Nettetal

Nettetal · Dem Legionär ist nichts zu schwer: Das zeigte Hobby-Römer Hans-Werner Berg den sechsten und siebten Klassen am Werner-Jaeger-Gymnasium. Römische Soldaten waren mit bis zu 45 Kilogramm Ausrüstung, Vorräten und Grill unterwegs

Legionär Albinus ist zu Besuch in Nettteal: Mitgebracht hat der 53-Jährige Rüstung, Helm, Schild, Speer, Messer und Legionärsstiefel mit benagelter Sohle. Und das ist nur ein kleiner Teil seiner Ausrüstung, die bis zu 45 Kilogramm schwer ist. Ein Kochgeschirr mit Klapppfanne, ein tragbarer Grill und Vorräte wie Getreide gehören ebenfalls dazu. "Die Fischsauce Garum war das Maggi der Römer", erläutert er und beschreibt die Zubereitung aus fermentierten Fisch. Vergleichbar damit seien heute fernöstliche Saucen.

Für die Sechst- und Siebtklässler am Werner-Jaeger-Gymnasium, die Latein lernen, gab es gestern lebendigen Unterricht. In der Sporthalle erzählte ihnen Albinus mehr über den Alltag als Legionär: "Wer sich verpflichten wollte, brauchte ein Empfehlungsschreiben." Gern genommen wurde Jugendliche, die bereits eine Ausbildung hatten und vom Land kamen. 25 Jahre dauerte die Dienstzeit, Heiraten war so lange verboten. Das oberste Ziel eines jeden Soldaten war schlicht: So lange am Leben zu bleiben, bis seine Dienstzeit abgelaufen war und er entlassen wurde. Zum Schutz trugen die Legionäre nicht nur einen Helm, sondern auch einen Brustpanzer. Noch mehr Sicherheit vor Schwerthieben garantierte ihnen ein Kettenhemd. Dass eine solche Eisenmontur nichts für Schwächlinge ist, konnte Siebtklässler Justin gestern ausprobieren. Über eine derbe Tunika streifte Albinus alias Hans-Werner Berg ihn das dicht geknüpfte Hemd - und schon geriet der Gymnasiast ins Wanken.

Ob Kleidung, Kochgeschirr oder Kurioses wie Schuhe ohne Absätze: Hans-Werner Berg, Mitglied im Opladener Verein Erste Römer Cohorte, machte für die Gymnasiasten den Alltag im Römischen Reich lebendig. Sein nach römischen Rezept gebackenes Dinkelbrot schmeckte so gut, dass das Rezept begehrt war. Nicht nur die Schüler, auch Lehrerin Elisabeth Oldenhage war begeistert: "Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Legionär des Vereins unsere Schule besucht."

Hans-Werner Berg beschäftigt sich seit 30 Jahren intensiv mit der Geschichte der Römer, besucht als Legionär Albinus Schulen und Museen. In Legionärskluft hat er mit Vereinskollegen einen mehr als 200 Kilometer langen Marsch durch die Alpen absolviert. Wenn der 53-Jährige erzählt, dass die Legionärssandalen durchaus bequem sind, dann weiß er, wovon er spricht.

Doch nun legt Berg seine Rüstung ab, aus Albinus wird wieder der Maschinenbauingenieur Berg. Und der muss ins Büro.

(busch)
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