Nettetal Aufrecht stehen, aus dem Feuer geboren

Nettetal · Zum Internationalen Frauentag lädt das Atelier van Eyk zur Symbolaktion ein: Die Künstlerin Matre lässt ihre Figur brennen.

 Die Künstlerin Matre (links, Ulrike Mayer-Trede) und Birgit Lienen betrachten die Ton-Skulptur, die am Sonntag im Feuer gehärtet wird.

Die Künstlerin Matre (links, Ulrike Mayer-Trede) und Birgit Lienen betrachten die Ton-Skulptur, die am Sonntag im Feuer gehärtet wird.

Foto: Busch

Sie reckt sich und sie streckt sich, gezeichnet von Narben und Falten und Furchen. Den Rücken durchgedrückt, strahlt sie Anmut aus und Kraft nach dem Motto "Aufrecht stehen!" Die Skulptur der Künstlerin Matre steht im Mittelpunkt einer außergewöhnlichen Aktion im Atelier van Eyk in Leuth zum Internationalen Frauentag: Die Figur wird brennen, und zwei Tage später soll sie - in voller Größe vollendet - anregen zum Austausch über Rollen und Rechte der Frauen.

"Die Figur muss ihre Feuertaufe noch bestehen", deutet Matre an. Die Künstlerin aus Meerbusch strahlt viel Energie und Enthusiasmus aus, beseelt davon, der Frau ein Denkmal zu setzen, das für Würde steht und für Anspruch: "Es ist so wichtig, dass Frauen sich vernetzen, dass sie für ihre Rechte einstehen, die ihnen zustehen", sagt sie. Bürgerlich heißt sie Ulrike Mayer-Trede und hat eine besondere Beziehung zum Atelier van Eyk.

"Bei meinem letzten Besuch im Atelier habe ich gedacht, hier müssten wir was machen zum Weltfrauentag", erklärte Renate Dyck. Die SPD-Kommunalpolitikerin ist "ganz privat und als Frau" hier dabei. Gleichgesinnte fand sie in Mike Spolders vom Atelier van Eyk und in Birgit Lienen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Nettetal. Sie wandten sich an Matre, die bei einem Arbeitsseminar im Leuther Kunsthaus Eindruck hinterlassen hatte.

"Ich blicke in den Himmel und stehe mit beiden Beinen auf der Erde": Dieser Satz von Rigoberta Menchu, Frauenrechtlerin und Friedensnobelpreisträgerin aus Guatemala, dient als Leitgedanke. Matre hatte aus Ton einen Frauentorso gebildet, in dem Menchus Gedanke gleichsam Gestalt annimmt: Fest auf der Erde, nach oben gereckt, der Kopf als offene Schale, empfänglich für Himmlisches, für Sinniges, für Gehaltvolles. "Darum habe ich meine Figur 'Erdantenne' genannt", erklärt Künstlerin Matre. Sie stehe als Symbol für die Rechte der Frau.

Im Gespräch fallen Namen und Fakten. Die heilige Hildegard von Bingen wird genannt und Angela Merkel, die "in der Flüchtlingsfrage standhaft für ihre Überzeugung einsteht", so Dyck. 22 Prozent weniger Lohn für gleiche Arbeit erhielten Frauen in Deutschland, kritisiert Lienen. Mehr als jede vierte Frau sei schon Opfer von Gewalt geworden. Wem Bange sei vor dem Frauenbild vieler Muslime, der sei daran erinnert, dass in Deutschland erst seit 1997 die Vergewaltigung von Frauen innerhalb einer Ehe strafbar sei - Lienen: "Das ist wie gestern."

Viel durchmachen müssen also Frauen noch heutzutage. Viel steht der 3,40 Meter großen Figur "Erdantenne 2" bevor: "Sie wird am Sonntag sechs Stunden lang in offenem Feuer gebrannt", sagt Matre. Ein Happening mit Musik, als "spannender Prozess", durch den die Skulptur "ihre wahre Bestimmung erhält". Matre setzt auf Nachhaltigkeit, die Figur werde leben: "Gebrannter Ton wird nie gleichmäßig, da werden Vertiefungen und Spalten entstehen." Furchen, in die der Wind Erde und Samen wehen könne: "Da werden Pflanzen keimen und wachsen, Tiere finden ein Zuhause." Die Figur als Symbol für ein lebendiges Frauenbild - "In der Skulptur in meinen Garten hat sogar ein Eichhörnchen gewohnt."

(jobu)
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