Nettetal Bleibt alles anders - auch an Weihnachten

Nettetal · Der Autor hat Theologie studiert und gehört zum Team, das Kulturkirchenarbeit in Lobberich betreibt.

"Refugees welcome" (Flüchtlinge sind willkommen) und "Hope" (Hoffnung) steht auf den Krippenbildern, die Julian Seeger und Nico Kupschuss für die Alte Kirche in Lobberich schufen. Bastian Rütten gefällt ihr Zugang zum Thema.

"Refugees welcome" (Flüchtlinge sind willkommen) und "Hope" (Hoffnung) steht auf den Krippenbildern, die Julian Seeger und Nico Kupschuss für die Alte Kirche in Lobberich schufen. Bastian Rütten gefällt ihr Zugang zum Thema.

Foto: Busch

Von Herbert Grönemeyer stammt das Liedzitat "Bleibt alles anders". Natürlich! Jeder wird die Aussage unterschreiben, dass alles Leben Bewegung und Veränderung braucht und Stillstand in jeder Hinsicht und in allen Bereichen das Ende wäre. Aber in diesen Tagen scheint wirklich alles anders... auch an Weihnachten.

Die ironische Frage: "Bis wann darf man am Heiligen Abend eigentlich Rasen mähen?", erreichte mich vor einigen Tagen über die virtuelle Welt des Internets. Und einige Zeitgenossen fragten ebenso ironisch nach, ob die Eiswürfel für den Glühwein schon kalt liegen würden. In der Tat, die Temperaturen der nächsten Tage sind weit entfernt von einer "Weißen Weihnacht", und die frühlingshaften Temperaturen machen es zumindest den äußerlichen Rahmenbedingungen unserer "Standard-Weihnacht" wirklich schwer.

Hanns Dieter Hüsch, der große Poet des Niederrheins, erzählte in einer seiner Geschichten von einer Begegnung mit dem lieben Gott in Dinslaken. In dieser wurde Hüsch von Gott gefragt: "Was macht ihr denn an Weihnachten? Fahrt ihr in die Karibik?" Hüsch entgegnete: "Ich war so verdutzt und gleichzeitig empört und sagte beleidigt: Wie kannst Du so was fragen? Ich war noch nie in der Karibik und an Weihnachten schon gar nicht. - An Weihnachten fährt man zu Opa und Oma, zu den Eltern, zu den Kindern, vielleicht noch zu Freunden, oder man bleibt zu Hause, wie wir, denn ich kann Weihnachten nur zu Hause feiern, mit einem Baum." - Nach einiger Zeit der Stille fragte der liebe Gott kurz und knapp zurück: "Ist das nicht ein bisschen eng?"

Vielleicht tut uns diese Frage in diesen Tagen ganz gut... und das nicht nur wegen der klimatischen Bedingungen. Wenn es uns gelingen soll, die uralte Botschaft vom Kind in der Krippe "ur-jung" zu halten, dann geht dies nur, wenn sie (egal unter welchen Umständen und Bedingungen) in uns lebendig bleibt. Diese Flexibilität geht uns in unseren Breitengraden vielleicht zu oft verloren. Die Frage ist berechtigt: "Ist das nicht ein bisschen eng?". An Weihnachten bleibt - um es mit Grönemeyer zu sagen - "alles anders". Das dürfte nichts Neues sein. Schon die Geburt des Kindes vor über 2000 Jahren war alles andere als planbar und traditionskonform.

Umso mehr kann uns Weihnachten 2015 (auch, wenn es wahrscheinlich bei zweistelligen Temperaturen stattfinden wird) auch nachdenklich machen, wie es um unsere innere Bereitschaft zur Veränderung steht. Dies gilt natürlich auch für die Kirche und die Gesellschaft. Wie viele Menschen auf der Flucht müssen dies in diesen Tagen tun, sind fernab von ihrer Heimat, ihren Familien und Freunden. Sie stehen heute an ähnlicher Stelle, wie die Familie von Bethlehem im Jahre Null. Bei ihnen ist ungeplant und plötzlich alles anders geworden.

Wenn Sie nun Lust auf einen anderen Weihnachtsblick haben, besuchen Sie doch zum Beispiel in der Heiligen Nacht um 24 Uhr die besondere Christmette in der Alten Kirche in Lobberich. Dort haben die beiden jungen Künstler Julian Seeger und Nico Kupschuss eine Graffiti-Krippe installiert. Josef, Maria und Jesus kommen so ganz anders daher, als man das aus den traditionellen Darstellungen kennt. Sie wurden ins Heute "gesprayt". Und so liegt auch das Jesuskind in der Gestalt eines Flüchtlings in einem Boot mit der Aufschrift "Hope" - "Hoffnung". Der Stern von Bethlehem ist der Schriftzug "Refugees welcome!"

Diese Hoffnung auf ein gutes Leben in Frieden und Sicherheit und in einer Gesellschaft, die von Menschlichkeit geprägt ist, wünsche ich allen Menschen, egal welcher Herkunft und Weltanschauung. Ich wünsche dies natürlich auch allen, die das Weihnachtsfest feiern. Ob mit oder ohne Grillwurst, mit Glühwein, oder auf dem Balkon.

(RP)
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