Nettetal Bohnen entschieden über den Vogelschuss

Nettetal · Vor 65 Jahren fusionierten in Schaag die beiden bis dahin eigenständigen Schützenbruderschaften. Für den Vogelschuss stimmten sie sich stets untereinander ab. Es gab bisher 75 Könige.

Bis zum Jahr 1950 gab es in Schaag die Bruderschaft St. Anna von 1804 und die Junggesellenbruderschaft von 1833. Jedes Jahr zur Pfingstzeit entschieden die Bruderschaften, welche den Vogelschuss ausrichtete. Gab es daran kein Interesse, wurden in einer Versammlung Erbsen und Bohnen verteilt. Wer für das Schießen war, legte eine Bohne in einen Hut, der herumgereicht wurde. Wer dagegen war, warf eine Erbse hinein.

Die Bohnen hatten anscheinend immer die Mehrzahl, denn am Sonntag, 27. Juli, wird der insgesamt 75. König der 1950 fusionierten St.-Anna-und-Hubertus-Schützenbruderschaft ermittelt. Schützenkönige waren auch drei Majestäten, die in der 1936 auf Druck der Nazis gebildeten "Schützengilde" ermittelt wurden.

War für den Vogelschuss entschieden, wurde ein Vogel auf eine Schiefertafel gemalt, die in einer Versammlung herumgereicht wurde. Wer den Vogel vollständig auswischte, musste 50 Taler als Garantie dafür beim Vorstand hinterlegen, dass er auf den Vogel schoss. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Schiefertafel gegen eine brennende Kerze ausgetauscht, die auch heute die Runde macht. "Wer sie ausbläst zeigt lediglich seinen Willen, auf den Vogel zu schießen", sagt Ehrenbrudermeister Albert Gruteser. "Ob er wirklich den Vogel abschießt und Schützenkönig wird, zeigt sich erst beim Vogelschuss."

"Schaag feiert als eine der letzten Gemeinden im Grenzland seine Sommerkirmes", hieß es in der Niederrheinischen Volkszeitung am 31. Juli 1937. Die Schaager Kirmes war immer etwas Besonderes. Mit sieben Zelten und in 16 (!) Gaststätten war sie über die Grenzen hinaus bekannt. Wirte warben mit "Bieren I. Qualität" aus der niederrheinischen Wirtebrauerei sowie mit hellen und "Münchener" Bieren. Die "Zint-Anna-Kärmes" zog Besucher aus Krefeld und Düsseldorf an. Mit jedem Zug kamen hunderte Gäste am Bahnhof an. Von dort aus gingen sie zu Fuß oder sie fuhren im Omnibus von "Collee Franz" für zwei Groschen nach Schaag. "Die Straße war schwarz vor Menschen", heißt es 1929 in der Niederrheinischen Volkszeitung.

Die Bauern bemühten sich, wenn es eben ging, das Korn zu ernten, damit sie Kirmes feiern konnten. Acht Tage lang rollten Kirmeswagen von der Bahn aus nach Schaag. Die modernsten zog ein "Lanz Bulldog". "Wenn er mit ein paar Wagen angespannt nach Schaag rollte, rappelten unterwegs die Fenster. Überall auf dem Schaager Platz wurden Buden aufgebaut, die Spinne mit dem Mädchenkopf oder ein Irrgarten. Es gab Schieß- und Wurfbuden, allein 15 Buden oder Karren mit Eis, und 30 Spielzeug- oder Süßwarenbuden", erinnert sich Gruteser. Da verkaufte der "Billige Jakob" Hosenträger, Knöpfe und Ernteseile.

Die Anna-Kirmes dauerte eine Woche. Wenn sonntags Kränzerball war, standen immer noch Buden im Ort. Man kann sich das Gedränge "inne Schaag" heute kaum vorstellen. Zum 150. Jahrestag der Kirchweih hat die Schützenbruderschaft in diesem Jahr alle 18 noch lebenden Schützenkönige zum Festhochamt und zum Vogelschuss eingeladen. "Wir hoffen, dass viele ehemalige Könige kommen und mit uns feiern", sagt Albert Gruteser.

Auf dem Hubertusplatz ist von Freitag, 25. Juli, bis Dienstag 28. Juli, die Kirmes aufgebaut. Es gibt einen Dart- und Pfeilwurf-Stand, ein Kinderkettenkarussell, Entenangeln, Fadenziehen und Süßwaren. Die Zahl der Stände ist mächtig geschrumpft. Am Freitag geht es an der Grundschule mit der "Beach-Party" mit DJ Benny los. Am Samstag wird ab 20 Uhr mit der österreichischen Band "Bergspatzen" eine "Wies'n Party" gefeiert. Am Sonntag ist um 9.30 das Festhochamt, danach werden Schützen im Zelt geehrt. Um 14.30 Uhr versammeln sich die Schützen zur Festandacht, ehe es zum Vogelschuss auf den Schulhof geht. Ab 20 Uhr ist mit der Show-Band Saturn der Krönungsball im Festzelt.

(ivb)
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