Nettetal Der Herr der Radiogeräte

Nettetal · Siegfried Nootz (58) sammelt Radios aus hundert Jahren. Wie viele es sind, weiß er gar nicht

 Nootz mit einem winzigen Teil seiner Sammlung, zu der Röhren und Radiogeräte aus hundert Jahren gehören. Rp-Foto: F.H. Busch

Nootz mit einem winzigen Teil seiner Sammlung, zu der Röhren und Radiogeräte aus hundert Jahren gehören. Rp-Foto: F.H. Busch

Foto: Siegfried

Musik aus Lateinamerika hören, Tango oder Bossanova? Kein Problem: "Mit dem Internetradio hat man ruckzuck eine Auswahl an Sendern aus aller Welt", sagt Siegfried Nootz (58). Der Elektronikfachmann aus Kaldenkirchen erinnert sich aber auch an Zeiten, in denen es solche technischen Möglichkeiten nicht gab: "Ich hörte noch zusammen mit meinem Vater Kurzwelle. Wenn wir beim Absuchen der Frequenzen mal einen Sender aus Brasilien rein bekamen, das war schon aufregend."

Nootz sammelt "Apparate zum Empfang von Hörfunksendungen", wie Radios früher hießen. Die Exponate reichen von Prototypen über Röhrenradios aus den 1940-er Jahren und Kofferradios der 1970-er Jahre bis zu modernen Internetradios, dazu Handbücher aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts und Zubehör. "Das war schon eine rasante Entwicklung, wenn ich dabei an die allerersten Empfangsgeräte denke", meint der 58-Jährige. In den Händen hält er ein rundes, schwarzes Gerät mit Stöpsel-Löchern und vorsintflutlichen Kopfhörern - ein Radio aus den 1920-er Jahren. Damals noch kein Massenmedium: "Damit konnten zwei Leute gleichzeitig die Sendungen mit Kopfhörern verfolgen." Wenn sie denn einen Sender empfingen, war das laut Nootz "ein wenig Glücksache". Mit Stift und Spule, Geduld und Fingerspitzengefühl wurden die Frequenzen abgetastet.

Er zeigt auf einen gläsernen Zylinder mit der Aufschrift "Telefunken", drinnen allerlei Drähte und Stifte: "Wunderschön, diese Röhre aus den 1930-er Jahren. Es ist erstaunlich, was die Ingenieure damals mit einfachen Mitteln zustande brachten." Er hat rund 3000 verschiedene Röhren aus fasst 100 Jahren gesammelt. Einen Teil verdankt er seinem Vater: Siegfried Nootz senior, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, gründete das Radio- und Fernsehgeschäft an der Grenzwaldstraße, das der Sohn als Electronic Shop Nootz weiterführt.

"Für den Bau der Radios sammelte Vater Röhren und anderen Technikschrott, den die Alliierten nach dem Truppenabzug im Wald zurückgelassen hatten", berichtet Nootz. Spulen aus ausgedientem militärischem Gerät fanden so eine neue friedliche Bestimmung, dienten dem Empfang von Radiosendungen. Vater Nootz tauschte damals manch ein selbst gebautes Radio gegen Butter oder Eier. Immer besserer Empfang und Klang steigerten die Lust am Radiohören: Auch in Kaldenkirchen waren in den 1960-er und 1970-er Jahren niederländische Sender wie Radio Veronica oder Hilversum 3 Kult.

Heute sichern Sendungen mit Musik und Unterhaltung dem Radio, glaubt Nootz, die Zukunft: "Technik und Empfang sind heute anders, DVB-T2 und Internetradio etwa, aber das Radio bleibt ein wichtiges Kommunikationsmittel." Doch die Hörgewohnheiten haben sich geändert. So lässt Nootz "gern beim Malen im Atelier Radiomusik für sich allein" laufen. Anders als früher: "Die alten Geräte, die mein Vater baute, standen im Wohnzimmer. Man hörte gemeinsam Radio."

(jobu)
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