Nettetal Die moderne Kräuterhexe

Nettetal · Nach altem Vorbild bietet Christa Brüggemann Kräuterexkursionen an und informiert über die Heilwirkungen der Pflanzen. Sie sollen in einer ganz bestimmten Zeit gesammelt werden. Diese dauert noch bis zum 15. September

 Auf ihren Kräuterwanderung gibt Christa Brüggemann ihr Wissen weiter und führt die Frauengruppen in die Natur. Gemeinsam werden Pflanzen gesammelt.

Auf ihren Kräuterwanderung gibt Christa Brüggemann ihr Wissen weiter und führt die Frauengruppen in die Natur. Gemeinsam werden Pflanzen gesammelt.

Foto: paka

Gegen jedes Übel ist ein Kraut gewachsen, so der Volksmund, und der muss es wissen. Schließlich ist die Kräuterkunde schon lange für ihre wohltuenden und heilenden Kräfte bekannt. Schon Hildegard von Bingen, die heilkundige Mystikerin des Mittelalters, sagte: "Darum gedenkt der Würze und der heiligen Kraft, schafft Orte des Duftes und des Lebens. Die Kraft der Kräuter ist voller Segen." Christa Brüggemann aus Lobberich hat sich das zu Herzen genommen und einen eigenen Kräutergarten nach Hildegard von Bingen angelegt. Zudem bietet sie neben Exkursionen auch Kräuter- und Räucherseminare an.

Auf ihren Kräuterwanderungen gibt sie ihr Wissen weiter und führt Frauengruppen in die Natur. Gemeinsam werden Kräuter gesammelt. Achtsam pflücken die Frauen nur soviel, wie sie brauchen und beschädigen die Pflanzen nicht. Beim Binden der "Buschen" werden Gedichte aufgesagt, Geschichten erzählt und Lieder gesungen, zu Ehren von Mutter Maria.

Die Kräutersuche sollte in einem bestimmten Zeitraum erfolgen, der Kräuterweihe, auch "Frauendreißiger" genannt. Sie beginnen jedes Jahr an Mariä Himmelfahrt, 15. August, und enden einen Monat später, am 15. September. Die Kräuter wurden gesammelt und getrocknet, um den Menschen in der Winterzeit als Medizin in Form von Teeaufgüssen, Bäder oder Tinkturen und Umschläge zu dienen.

Alle Kräuter, die in dieser Zeit wuchsen, wurden "Marieens" genannt, zu Ehren der Gottesmutter. Der Legende nach besuchten die Apostel Marias Grab am dritten Tag nach dem Begräbnis und nahmen einen intensiven Duft von Rosen wahr. Um das Grab herum wuchsen alle Kräuter, die Maria zu Lebzeiten geliebt hatte. So entstand der Brauch, in der Zeit der "Frauendreißiger" gemeinsam die "Marieens" zu sammeln und sie zu einem Bund, dem so genannten "Buschen" zusammenzubinden. Umschlungen wird der Strauß immer mit einem blauen Band, um damit an die Gottesmutter zu erinnern.

"Wer seinen Kräuterstrauß binden möchte, der sollte auf die Anzahl der Kräuter achten. Es gibt bestimmte Vorgaben, wie viele es sein sollten", erklärt Christa Brüggemann (siehe Infokasten).

Nach dem Binden werden die Sträuße mit einem Räucherritual gesegnet. Dies ist die so genannte Kräuterweihe. "Hierfür verwende ich eine spezielle Räuchermischung, die ich selbst aus unterschiedlichen Kräutern herstelle", sagt die Kräuterfachfrau. Die Zusammensetzung gibt sie nicht preis. "Es ist ein Geheimrezept", sagt Brüggemann. "Aber ich kann sagen, dass alles in der Räuchermischung enthalten ist, was gut für Gesundheit, Kraft, Wohlergehen, Lebensmut und Schutz ist."

Die "Buschen" werden über das Räuchergefäß gehalten, in dem auf der heißen Kohletablette das Räucherwerk verräuchert wird. Während der Räucherung kann man eine Fürbitte sprechen oder in Gedanken aufsagen. Danach wird der Strauß Zuhause, im so genannten "Herrgottswinkel", kopfüber aufgehängt, wo er trocknen kann. Dieser spezielle Platz soll den Kräuterstrauß vor Wind und Stößen schützen. So waren die getrockneten Kräuter sicher und die Menschen konnten jederzeit darauf zurückgreifen, wenn sie krank wurden. "Heutzutage wird so ein ,Buschen' meistens nur symbolisch aufgehängt", sagt Brüggemann. "Trotzdem führen wir die Kräuterwanderungen und Räucherrituale noch genauso respektvoll durch, wie die Frauen es im Altertum auch getan haben. Denn die Wirkung der Kräuter hat sich nicht verändert. Es ist schön zu sehen, dass sich viele Menschen wieder an das alte Wissen und die Rituale erinnern", fügt sie hinzu.

Nach der Kräuterweihe und den Räucherritualen erwartet die Frauen ein Buffet aus Christa Brüggemanns Rosenküche. Danach sitzen sie noch lange Zeit im beleuchteten Kräutergarten zusammen. Bei einem Gläschen Kräuterlikör lassen sie diesen einen Tag der "Frauendreißiger" sanft und still ausklingen.

(paka)
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