Nettetal Drogenproblem trotz "wietpas" ungelöst

Nettetal · Für Deutsche bleiben die geduldeten Koffieshops verschlossen. Aber die Straßenkriminalität hat in Venlo deutlich zugenommen. Bürgermeister Scholten fährt einen harten Kurs, die Politik neigt dazu, alte Zustände wiederherzustellen.

 Hier geht seit einem Jahr kein Cannabis-Produkt mehr über die Ladentheke. Der Doppel-Koffieshop Oase/Roots existiert nicht mehr.

Hier geht seit einem Jahr kein Cannabis-Produkt mehr über die Ladentheke. Der Doppel-Koffieshop Oase/Roots existiert nicht mehr.

Foto: Busch

Seit einem Jahr bleiben die Türen von Koffieshops für deutsche Kunden in Venlo geschlossen. "Etwa achtzig Prozent deutscher Drogentouristen bleiben seitdem weg", berichtete Bürgermeister Antoin Scholten. Dies bestätigte auch Nettetals Sozial- und Ordnungsdezernent Armin Schönfelder gegenüber dem Rat der Nachbarstadt. Der Drogenpfad mit seinen Belästigungen existiert nicht mehr. Das Thema Drogen beschäftigt beide Städte trotzdem weiter.

Politisch spitzte sich in der vergangenen Woche die Drogendebatte in Venlo zu. Bürgermeister Scholten fährt einen scharfen Kurs, er will das Bild der Stadt als Drogenparadies nachhaltig tilgen. Die große Mehrheit des Rates glaubt aber nicht, dass man nur mit einer harten ordnungspolitischen Fahrweise weiterkommt. Angeführt von Hay Janssen (PvdA) gab es in den vergangenen Monaten sehr besorgte Diskussionen um die nachweislich zunehmende Straßenkriminalität. Auch die peripheren Straftaten wie Geldwäsche, Prostitution, Erpressung beginnen sich nach Befürchtungen vieler Politiker wieder in der Stadt auszubreiten.

Scholten verhinderte nur mit Mühe, dass eine Ratsmehrheit den "wietpas" kippte. Seit einem Jahr dürfen die geduldeten drei Koffieshops im Stadtgebiet Haschisch oder Marihuana nur an Kunden mit Wohnsitz in den Niederlanden ausgeben, die einen Klubausweis (wietpas) besitzen. Für den Ausweis müssen sie sich registrieren lassen. Genau das aber tun viele Venloer eben nicht. Sie kaufen auf dem Schwarzmarkt bei "drugsrunners", die vermehrt wieder im Straßenbild der Innenstadt ihr Unwesen treiben. Es sind Kleindealer, die für größere, womöglich mafiöse Organisationen Drogen verkaufen. Dabei gerät auch die erklärte Trennung von "harten" und "weichen" Drogen in Auflösung. Harte Drogen wie Pillen, Heroin oder Kokain werden in Koffieshops nicht angeboten.

Den "wietpas" verschmähen viele Niederländer, weil sie fürchten, dass ihre Daten an Versicherungen, Krankenkassen, Finanzbehörden oder auch Arbeitgeber weitergeleitet werden könnten — legal oder illegal. Die "drugsrunners" tauschen zunehmend in sensiblen Bereichen wie Schulen auf. Scholten will dagegen angehen, er setzt auf eine Mischung aus Prävention und harter Hand. Die Politik aber meint, man müsse die Koffieshops auch Deutschen wieder öffnen und zur Stadtgrenze verlagern. Notfalls solle das im Alleingang geschehen.

Der Konflikt ist nicht gelöst. Bürgermeister und Rat einigten sich auf Bildung einer Arbeitsgruppe, die mit Unterstützung von Experten Daten und Informationen sammelt, um das weitere Vorgehen zu beraten. Untersucht werde nun objektiv die Entwicklung in Venlo seit Einführung des "wietpas", versprach Scholten.

"Es steht mir nicht zu, die Drogenpolitik der Niederlande zu bewerten", sagt Armin Schönfelder. Sein Vortrag über die kriminellen und ekligen Begleitumstände der Koffieshops in Grenznähe sei nicht ohne Wirkung geblieben. Er sei froh darüber, dass Bürgermeister Scholten versichert habe, er wolle die früheren Zustände nicht — auch nicht in Nettetal. FRAGE DES TAGES

(RP/ac)
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