Nettetal Eine Braut nach drüben, Bräutigam nach hüben

Nettetal · NETTETAL/VENLO (lp) Die Grenze lebt. Während es sich die fröhliche Haringworst-Gesellschaft bei Matjes, Wurst, Bier, Wein und alkoholfreien Getränken gut gehen lässt, radeln Dutzende Deutsche und Niederländer vorüber. Alle schauen neugierig, aber keiner kann etwas mit der skurrilen Szenerie wirklich anfangen. Bis auf ein Quartett junger Frauen aus Bracht. Eine trägt einen improvisierten weißen Rock zu ihren Jeans. Die Vier steuern auf die Gesellschaft zu. Die weiß berockte junge Frau setzt sich einen weißen Schleier auf und bietet den verdutzten Haringworst-Fans Lose zum Kauf an. Es handelt sich um die Junggesellinnen-Abschiedstour einer Brachterin, die am kommenden Wochenende auf Malta heiraten wird.

Ihr Traum, auf einem Schiff heiraten zu dürfen, ist an Formalia gescheitert. Mit ihren drei Brautjungfern ist sie auf dem Weg nach Arcen. Einige Dutzend Lose werden eifrig gekauft, es gibt ein paar Gewinne in Form von hochprozentigem Inhalt in kleinen Fläschchen. Als Hubert Bruls eine Stunde später seine Laudatio auf Wolfgang Linneweber beendet hat, kreuzt von der Venloer Seite her eine feucht-fröhliche Männergesellschaft die Grenze. Alle tragen T-Shirts mit der Rückenaufschrift "Weeij neet" (Venloer Platt für "Wir nicht"). Ein leicht angeheiterter junger Mann mit schwarz bemaltem Gesicht und schwarzer Lockenperücke zieht mit seinem Fahrrad ein kleines Kärrchen hinter sich her. Darin hat er flüssige Nahrung für die Gesellschaft gebunkert. Auf seinem Rücken ist aufgedruckt: "Ik waal" ("Ich schon"). Er ist ein angehender Bräutigam auf Junggesellenabschied, wie der künftige Schwiegervater fröhlich grinsend erzählt.

Es werden Fotos mit dem Venloer Bürgermeister gemacht, dessen Erscheinen hier wirklich keiner erwartet hatte. Dann geht's weiter in ein Kaldenkirchener Restaurant zum Essen. Für die "normalen Menschen" existiert die Grenze nicht mehr.

(RP)
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