Nettetal Erinnerung an die Tabakmanufakturen

Nettetal · Bürgerverein, Vertreter der Stadt, Loni Kreuder und Coen Hovens treffen sich am Denkmal.

Am Zigarrenmacher vor der Pfarrkirche St. Clemens wächst und gedeiht der "Württemberger Pleidelsheimer Horst" - Tabakpflanzen, die der Ex-Kaldenkirchener Horst (!) Schirrmacher Bürgerverein und Tabakskollegium überlassen hat. Am Donnerstag, 6. August, trifft sich um 18.30 Uhr der Vorstand des Bürgervereins dort mit Vertretern der Stadt und der Künstlerin Loni Kreuder. Sie schuf den Zigarrenmacher nach dem Abbild von Coen Hovens, der unlängst 80 Jahre alt wurde und ebenfalls kommen will. Hovens will am Samstag, 24. Oktober bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Bürgervereins das Zigarrenmachen demonstrieren.

Der Bürgerverein erinnert daran, dass die Dresdner Bank durch Emil Körfer und Engelbert Thelen sowie der Bürgerverein durch Hanns Backes und Heinz-Willi Schmitz ein einst das Denkmal förderten. Die Dresdner Bank hatte aus Anlass ihres 40-jährigen Bestehens in Kaldenkirchen 10 000 Mark gespendet, weitere 10 000 kamen vom Erlös des Buches "Die Stadt Kaldenkirchen" von Johann Finken, das die Druckerei Stiels kostenlos nachgedruckt hatte. Dr. Paul Schrömbges beschäftigte sich intensiv mit der Geschichte der Tabakindustrie in Kaldenkirchen: "Von 1865 bis 1972 währte die Geschichte der Kaldenkirchener Tabak- und Zigarrenindustrie. Die ursprünglich aus Duisburg stammenden Unternehmen gewährten in der Blütezeit vor dem 1. Weltkrieg weit mehr als der Hälfte der Kaldenkirchener Berufstätigen in den Betrieben und zu Hause Beschäftigung. Es waren im Wesentlichen die Folgen der schweren Erschütterungen der zwanziger und dreißiger Jahre, die die mittelständischen und Familienbetriebe in der Nachkriegszeit zum Aufgeben zwangen. Die große Zeit des Tabak- und Zigarrengewerbes war aber auch jene Zeit, in der der nach dem Niedergang des Textilgewerbes verarmte Ort Anschluss an die neue Zeit gewann. Gas- und Wasserwerk, Kanalisation, Straßenbau, neue Häuser und Sozialwohnungen, Schule, Krankenhaus und die neugotische St.-Clemens-Kirche zeugen noch heute vom wachsenden Wohlstand der Jahrhundertwende. Langsam wuchs Kaldenkirchen aus den alten Grenzen seiner Festungsanlagen heraus. Dem unternehmerischen Können entsprach das Selbstbewusstsein der Zigarrenmacher. Die Gründung der christlichen Tabak- und Zigarrenarbeitergewerkschaft nahm 1899 von Kaldenkirchen ihren Ausgang. Der große Streik von 1901 fand sein Ventil in der Gründung einer Genossenschaftsfabrik, in der die Arbeiter selbst als Anteilseigner zeichneten. Es ging ihnen nicht nur um die Verbesserung der Arbeitsplatzbedingungen und der Löhne, sondern um eine eigenverantwortlicher Gestaltung des sozialen und politischen Lebens aus christlichem Geist. Die vielen Männer, Frauen und Kinder der Tabak- und Zigarrenbranche, die "Zigarrenmacher in Kaldenkirchen" haben in der Geschichte ihrer Heimatstadt ein bedeutendes Kapitel geschrieben. Sie sind wert, dass man sich ihrer erinnert."

(sa)
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