Nettetal Fußball für Jungen, Shopping für Mädchen

Nettetal · Was wird von Mädchen erwartet, was von Jungen? Unter dem Titel "Mischen is possible" beschäftigten sich Achtklässler der Hauptschule Kaldenkirchen erstmals mit typischen Rollenzuweisungen.

 Ziel des Angebots ist es, dass die Schüler spüren: Alle haben die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten - egal, ob sie Jungen oder Mädchen sind. Das erarbeiteten die Achtklässler in einem Quiz, einer Talkrunde und eigenen Notizen.

Ziel des Angebots ist es, dass die Schüler spüren: Alle haben die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten - egal, ob sie Jungen oder Mädchen sind. Das erarbeiteten die Achtklässler in einem Quiz, einer Talkrunde und eigenen Notizen.

Foto: Busch

Im Freizeitraum der Hauptschule Kaldenkirchen ist es still geworden. Die Achtklässlerinnen, die im Halbkreis um mehrere leere Stellwände herum sitzen, schauen einander unsicher an. Fragende Blicke werfen sie Marie-Luise Hellekamps zu. "Fällt euch wirklich nichts ein, was eure Eltern von euch erwarten?", fragt die Nettetaler Streetworkerin in die Runde. Die erste Antwort kommt zögerlich. "Pünktlichkeit", sagt ein Mädchen. "Einen guten Schulabschluss machen", sagt das nächste Mädchen. "Sich später einmal um die Eltern kümmern", fügt eine dritte Schülerin hinzu. Auf einmal ist der Damm gebrochen. Die Antworten sprudeln nur so aus den Mädchen heraus. "Aufschreiben!", ruft Hellekamps lachend. Ellie Jongmanns vom Spielecafé Kaldenkirchen verteilt magnetische Tafeln und Stifte. Tafel nach Tafel wird beschriftet und an die erste Stellwand gepappt.

Bei Stellwand Nummer zwei sollen die Mädchen überlegen, was andere Mädchen von ihnen erwarten. Dabei müssen sie nicht lange überlegen. Stellwand Nummer drei füllt sich auch rasch: Dort notieren die Mädchen, was Jungen wohl von Mädchen erwarten. Schwierig wird es allerdings bei Stellwand Nummer vier. "Was wollt ihr?", heißt es dort nämlich. Hellekamps führt die Schülerinnen mit einigen Beispielen an das Thema heran, und kurze Zeit später ist auch die vierte Wand voller beschrifteter Täfelchen. Mit Spannung blicken die Mädchen zu Hellekamps und Jongmanns hinüber. Alle wollen wissen, wie es weitergeht. Sie warten auf die Antwort von Hellekamps und darauf, dass sie sehen dürfen, was die Jungen an ihre Stellwände geschrieben haben.

Aufgeregte Zwischenrufe gibt es auch. "Wie gut, dass das alles anonym ist und keiner weiß, wer was geschrieben hat", sind sich die Mädchen einig. Dann tauschen sie mit den Jungen die Räume. Die Mädchen sehen, was die Jungen geschrieben haben, und die Jungen sehen, was die Mädchen geschrieben haben.

Um Rollenerwartungen und Rollenzuweisungen geht es an der Kaldenkirchener Hauptschule. Alle 106 Achtklässler haben, aufgeteilt in drei Gruppen, den Parcours mit dem Titel "Mischen is possible" durchlaufen. Das ist ein Angebot der Fachstelle Gender NRW, die sich mit der Geschlechtergerechtigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt. "Geschlechtsbedingte Benachteiligungen gibt es immer noch. Umso wichtiger ist es, das Thema aufzugreifen und sich mit den eigenen Rollenbildern, den Klischees und gesellschaftlichen Erwartungen zu beschäftigen", sagt Mario Lindgens, der sich um die Schulsozialarbeit an der Kaldenkirchener Hauptschule kümmert. Er wurde von Hellekamps auf das Projekt aufmerksam gemacht und holte es dann an die Schule. Mit Hilfe von Videos, einem Quiz und Talkrunden sowie den "erwarteten Erwartungen", die sie an den Stellwänden notierten, beschäftigen sich die Schüler mit den Erwartungen an die Rollen der Geschlechter. Auch wenn Sprüche wie "Jungs spielen besser Fußball", "Mädchen gehen shoppen" und "Jungs sind schlechter in der Schule" Gelächter auslösen, so ist doch allen klar, dass es Benachteiligungen aufgrund des Rollenverständnisses nach wie vor gibt. Das dies aber überhaupt nicht sein muss und ein jeder, egal ob Mädchen oder Junge, die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten hat, nehmen alle zum Schluss mit auf den Weg.

(tref)
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