Nettetal Ist Nettetal mehr?

Nettetal · Jetzt feiert die Stadt ihr 40-jähriges Bestehen. Vereine und Institutionen haben eine Fülle von Programmen vorbereitet. Über allem steht das Motto "Nettetal ist mehr..." So sorgenfrei, wie es scheint, ist die Zukunft aber nicht.

Feiernden Menschen sollte man die Laune nicht vermiesen. Glaubt man den Verantwortlichen der Marketingkampagne "Nettetal ist mehr..." müssten die etwa 42 150 Bürger der sechsköpfigen Stadt seit gestern mit dem breitesten Grinsen umherlaufen, das man sich vorstellen kann. Vielleicht aber passt es zur Krise, die die Stadt erst jetzt so richtig ereilen wird, dass so viel und so oft gefeiert wird in diesem Jahr, wie wohl nie zuvor in der Geschichte dieser Stadt.

Die Kulisse ist eher bedrohlich, auch wenn sie im Rathaus zur Zeit ein wenig klein geredet wird. Denn im Haushaltsentwurf klafft eine Deckungslücke in Höhe von 11,5 Millionen Euro. Das Loch kann deutlich größer werden. Niemand vermag abzusehen, wie viele Millionen Euro an Gewerbesteuer in der Folge der weltweiten Finanzkrise nicht beim Kämmerer ankommen werden. Wo nichts verdient wird und bescheidene Gewinne gegen Belastungen aufgerechnet werden können, fallen Überweisungen aus.

Politik teurer Wohltaten

Mancher Bürger wird das achselzuckend zur Kenntnis nehmen und sich denken; "Was habe ich damit zu tun?" Viel mehr, als manch einem bewusst ist. Fehlende Einnahmen zwingen zu Kürzungen oder Streichungen. In den Jahren nach ihrer Geburt hat die junge Stadt Nettetal mit Wohltaten nur so um sich geworfen. Um so schwerer fällt der Abschied von Finanzspritzen, die mancher Verein und manche Institution über die Jahre als Gewohnheitsrecht betrachtet haben.

Doch die Streichung dieser Zuwendungen wird den Haushalt nicht sanieren. Es wird sich zeigen, ob der seit August ein bisschen bunter gewordene Rat die Kraft zum Krisenmanagement aufbringt oder ob er sich in der populistischen Bedienung von Einzelinteressen verzettelt – und munter dem Steuerzahler in die Taschen greift.

Vielleicht aber bringt auch die Kampagne "Nettetal ist mehr..." Menschen in der Stadt zusammen, die solchen Entwicklungen einen Riegel vorschiebt. Die Stadt kann es sich eine Politik nicht leisten, in der ständig aufgerechnet wird, wie die einen benachteiligt und die anderen immer bevorzugt worden sind. 40 Jahre nach Gründung der Stadt muss Nettetal beweisen, dass sie sich aus selbstbewussten Einzelteilen zusammengefügt hat, die aber genau wissen, dass sie ohne die anderen nicht existenzfähig wären. Verteilungskämpfe mit nichts im Beutel sind nicht nur vergeudete Zeit. Sie schädigen die Bürger.

Nettetal ist dann mehr, wenn die Bürgerstadt dieses Jahr nutzt, noch mehr zusammenzuwachsen. Denn nur so kann der Wettbewerb unter Städten und Regionen vor der Kulisse von Krisen und einer krass überalternden Bevölkerung bestanden werden. FRAGE DES TAGES

(RP)
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