Nettetal "Jüüte" genossen "Schpies" auf dem Gehnenhof

Nettetal · "Schpies" hat normalerweise eine verbindende Funktion: Er pappt in der richtigen Mischung Steine dauerhaft zusammen. Als kulinarische Spezialität am Niederrhein trennt er allerdings die Lager. Die einen schütteln sich vor Abscheu, andere vertiefen sich gerade andächtig darin, die Komponenten gut zu vermischen und dann bei einer Bratwurst (oder gebratenem Bauchspeck) zu genießen.

Im November passt die Bezeichnung Mundartkreis "Hänsbäcker Jüüte vertälle" ausnahmsweise mal weniger. Die Mitglieder besuchen mit Gästen einen Bauernhof, wo sie "essen wie bei unseren Vorfahren". Auf dem Gehnenhof im Oirlich bereiteten Petra und Josef Butschen "Schpies". Man bereitet Kartoffelbrei und Endiviensalat. Dazu gibt es zwei "Brotwuersch" (Bratwürste) sowie "Schpäkrüüterkes" (gebratene Speckwürfel). Auf dem Teller werden die Portion Kartoffeln und Salat vermischt und der gebratene Speck dazu gegeben. Weil das nicht jedermanns Sache ist, konnte jeder getrennt seinen Teller bereiten - oder auch nicht. Fast alle mischten - und allen hat es sehr gut geschmeckt. Die Salatsoße wurde zum Schluss noch pur gegessen - und die Köchin Petra mit ihrem Team gelobt.

Die Probleme der Vorfahren insbesondere im Winter mit der Ernährung erläuterte Heinz Koch, der die Runde leitet. Fast jeder hatte Kleinvieh im Stall, doch gab es höchstens am Sonntag mal Fleisch. Hauptnahrungsmittel war ab etwa 1800 die Kartoffel, bis dahin war es ein Brei aus Graupen und Gerste. Um 1900 aß jeder im Jahr etwa 340 Kilogramm Kartoffeln, heute sind es noch etwa 63 Kilo. Gemüse aus dem eigenen Garten wurde meist in Tonkrügen für den Winter haltbar gemacht. Es gab fast nur noch Eintopf. Koch erläuterte auch einige traditionelle Gerichte wie Küelmoos (Grünkohl), Schnibbelsbonne (Schnittbohnen), Muurejubbel (Möhren) und Zeveue (Wirsing), die jeweils in einem Topf mit den Kartoffeln gekocht und mit "Schpäk af Brotwuersch" (Speck oder Bratwurst) serviert wurden. Von "Melkspap" (Milchsuppe), "loope de Külkes van vul" (laufen die kleinen Löcher zwischen der Hauptmahlzeit voll). Zum Nachtisch wurde häufig "stive Riijs" (Reisbreis) zubereitet, der mit Zimt und Zucker bestreut wurde. Davon schwärmen auch heute noch viele. Es war ein geschmackvoller und lustiger Abend, den viele nicht so schnell vergessen werden.

(heko)
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