Nettetal Klassenfahrten auf dem Prüfstand

Nettetal · Schulleiter dürfen Reisen und Ausflüge nur noch genehmigen, wenn die Kosten der Lehrer gedeckt sind. Das hat das Oberverwaltungsgericht NRW entschieden. Die Schulen in Nettetal stellt das vor organisatorische Schwierigkeiten.

 Klassenfahrten fördern die Gemeinschaft und den Zusammenhalt der Kinder. Beliebte Ziele sind bis heute Jugendherbergen – hier die in Brüggen.

Klassenfahrten fördern die Gemeinschaft und den Zusammenhalt der Kinder. Beliebte Ziele sind bis heute Jugendherbergen – hier die in Brüggen.

Foto: Busch

Mit den Schulkameraden fremde Städte erkunden, mit der gesamten Oberstufe im Süden Europas am Lagerfeuer sitzen oder in der Gemeinschaft eine Insel erkunden — was Klassenfahrten angeht, so hat jeder seine eigenen schönen Erinnerungen. Oft werden voller Vorfreude solche Ausflüge schon weit im Voraus geplant. Doch wie es mit den Klassenfahrten im kommenden Jahr aussieht, das steht für die Leiter der Nettetaler Schulen augenblicklich noch in den Sternen.

Im vergangenen Jahr kippten Urteile des Bundesarbeitsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen die Regelung, dass Lehrer, die an solchen Unternehmungen teilnehmen, ihre Reisekosten selbst tragen. Sie bekommen diese Kosten ab sofort erstattet. Problematisch ist aber, dass die Kosten im erst nach den Änderungen aufgestellten Entwurf zum Landeshaushalt nicht berücksichtigt wurden. Die Konsequenz ist, dass die Schule mit der gleichen Summe, die zur Verfügung steht, nun auch den Anteil der Lehrer übernehmen muss — solange, bis das Land ihnen mehr Geld zuweist. Doch wann das sein wird, weiß zurzeit niemand.

"Von dem Geld, das wir zur Verfügung haben, werden etwa 40 Prozent der Kosten gedeckt. Den Rest haben die Lehrer früher aus eigener Tasche bezahlt und auf eine Erstattung verzichtet", erklärt Roland Schiefelbein, Direktor der Gesamtschule Nettetal. Dass die Lehrer nun nicht mehr in die eigene Geldbörse greifen müssen, sei an sich gut, doch müsse es dann auch mehr Geld vom Land geben. Ansonsten nämlich sind die Klassenfahrten in Gefahr. "Ich darf nur noch Klassenfahrten genehmigen, wenn die Kosten gedeckt sind", so Schiefelbein. Er ist noch nicht sicher, wie man das regeln soll.

"Eine Möglichkeit ist das Windhund-Prinzip: Wer zuerst kommt, bekommt die Genehmigung. Aber das wollen wir nicht", sagt er. Also müsse man Prioritäten setzen, was ebenfalls problematisch sei. "Die schönsten Ziele sind schnell ausgebucht, also gucken die Achtklässler jetzt schon wegen der Abschlussfahrt in der Zehnten. Das kann aber noch nicht genehmigt werden, weil man nicht weiß, was sonst noch auf dem Plan steht."

Joachim Sczyrba, Leiter der Städtischen Realschule in Kaldenkirchen, versucht, durch gute Organisation das Problem zu lösen. "Die knappe Kassenlage hat es immer schon nötig gemacht, nach günstigen Reisen zu schauen. Außerdem bieten viele Reiseveranstalter Freiplätze für die Lehrer an", sagt er. Es gehe aber nicht mehr, die Fahrten selbst nach eigenen Vorstellungen zusammenzustellen. Und genau das bemängelt sein Kollege Roland Schiefelbein: "Wir wollen da nicht in eine Abhängigkeit geraten und tolle Reiseziele zugunsten von günstigen Angeboten der Reiseveranstalter verschmähen." Joachim Sczyrba fürchtet zudem ein "Ausbluten" der freien Veranstalter, die solche Angebote nicht machen könnten.

Die Kommunikation mit den Lehrern sei nun wichtiger als zuvor: "Wenn ich sehe, dass der Etat ausgeschöpft ist, kann ich nichts mehr genehmigen", sagt Sczyrba, "also muss ich mit den Lehrern genau absprechen, welche Fahrten sie planen." Einzig Hartmut Esser, Schulleiter des Werner-Jaeger-Gymnasiums, ist optimistisch, dass sich bald eine Lösung finden wird. "Wir werden jetzt abwarten müssen, wie es weitergeht. Ich gehe davon aus, dass das Land schnell eine Regelung findet und wieder mehr Geld zur Verfügung steht", sagt er.

Schulministerin Sylvia Löhrmann sicherte in einer Pressemitteilung nun zu, dass alle für 2013 geplanten Klassenfahrten gesichert seien (siehe Info-Kasten). Im Haushaltsausschuss war diese Lösung nach Angaben des CDU-Landtagsabgeordneten Marcus Optendrenk noch abgelehnt worden. "Die Entscheidung zu Fahrten 2014 fällt faktisch erst mit dem Haushalt 2013 am 20. März. Die jetzige Regelung gibt nach viel Druck von Schulen, Schülern und Eltern ein wenig Sicherheit", sagt er.

FRAGE DES TAGES

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort