Nettetal Kurzweil bei Kerze und Klavier

Nettetal · Bestsellerautorin Claudia Schreiber las in der Kaldenkirchener Kunstscheune.

Kerzenschein, Kaminfeuer und Klaviermusik - kann es einen schöneren Rahmen geben für eine Autorenlesung? Wohl kaum, vor allem, wenn eine gut aufgelegte Literatin Texte zum Besten gibt, die ebenso nachdenklich stimmen wie erheitern. So geschehen in der Kaldenkirchener Literaturscheune, in der sich Claudia Schreiber und Gé Titulaer die Ehre gaben. "Liebe in der Scheune" war der Abend der Nettetaler Literaturtagen passenderweise überschrieben.

"Es war wie Glas zwischen uns", las Schreiber, anrührend und irritierend: "Abschiedsbrief an Mala" von Kurt Tucholsky. Spätestens da war klar: Es ging um Liebe, um Liebeleien, um Loslassen und Festhalten, um eben das, "das jede Faser verrückt", so Tucholsky. Doch Texte sind die eine Seite, die andere, wie sie vorgetragen werden. Das vermochte Schreiber mit warmer, wohltuender Stimme, mit viel Gefühl, ohne Pathos, angenehm.

Die Bestsellerautorin, die den wunderbaren Roman "Emmas Glück" schrieb, war immer im Kontakt mit dem Publikum, spontan und humorvoll: Klingelte im Raum ein Handy, bestellte sie "schöne Grüße". Ständig war sie im Dialog mit Titulaer, dem Komponisten aus Venlo und Musikdozenten, zu dessen Schülern Roger Cicero gehörte. Mit ausdrucksvollen Liebesliedern, im Wechsel mit Schreibers Texten, erwies er sich als hervorragender Jazzmusiker, der zudem wunderschön singen kann: Alle Achtung!

Natürlich waren es vor allem ihre eigenen Werke, aus denen die 57-jährige Schriftstellerin las, die aus Hessen stammt und in Köln lebt. Etwa aus ihrer Kurzgeschichte "Die Brautmutter" über die Fesseln und Fassaden einer Ehe, in der die Liebe längst erloschen ist: "Im Bett benahm er sich, als müsse er den letzten Bus erreichen." Die Liebe mit all ihren Facetten, freudigen wie frustigen, erotischen wie ernüchternden, lustvollen wie lustigen, brachte sie zu Gehör.

Dass das Publikum in der prächtigen Literaturscheune so begeistert war, lag auch an der Spontaneität der Protagonisten. Als "Lesung und Musik in der Sauna" titulierte Ulrich Schmitter vom Verein Nettetaler Literaturtage bei der Begrüßung die Veranstaltung im überwarmen Raum. Und als an Schreibers Lesepult die Lampe ausfiel, leuchtete Schmitter der Autorin, die dabei ihren Spaß hatte, mit einer Laterne. So wurd's ein Abend voller Kurzweil im Kerzenschein mit Klaviermusik.

(jobu)
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