Nettetal Mit der Bahn kam der Aufschwung

Nettetal · Die Bahnverbindung zwischen Venlo und Viersen gibt es seit 150 Jahren

 Am 10. September 1959 fährt diese DB-Lok zwischen Venlo und Kaldenkirchen. Entnommen aus dem Buch "De IJzeren Rijn" von Vincent Freriks.

Am 10. September 1959 fährt diese DB-Lok zwischen Venlo und Kaldenkirchen. Entnommen aus dem Buch "De IJzeren Rijn" von Vincent Freriks.

Foto: J.G.C. van de Meene

Mit Inbrunst sangen am 5. November 1866 die deutschen Gäste auf den Bahnhöfen in Venlo und in Kaldenkirchen das Lied "Heil Dir, im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands. Heil König Dir!" Es war das Ende harter Arbeit und der Start in eine bessere Zukunft für die gesamte Region. Vor 150 Jahren wurde die Eisenbahnstrecke zwischen Viersen und Venlo eröffnet.

Die Lobgesänge galten Preußens König Wilhelm, der fünf Jahre später in Versailles zum Kaiser von Deutschland proklamiert wurde. Ob der im fernen Berlin überhaupt zur Kenntnis nahm, dass im Westen seines Landes eine internationale Eisenbahnstrecke eröffnet wurde, ist eher zu bezweifeln. Damit öffnete sich für die rheinischen Städte der ersehnte Zugang zu den Maashäfen und vor allem nach Vlissingen, einem eisfreien Hafen an der Nordsee.

Für Viersens Textilindustrie ebnete die Eisenbahn den Weg in den transatlantischen Handel. Beendet war ein jahrzehntelanges Tauziehen in beiden Ländern. Internationale, regionale und lokale Interessenkonflikte mussten ausgeräumt werden. Mit der Eröffnung der Bahnstrecke von Venlo über Kaldenkirchen und Viersen nach Mönchengladbach begann ein neues Zeitalter: Die Industrialisierung in Viersen und Mönchengladbach erhielt einen gewaltigen Schub, und ohne diese Bahnstrecke wäre Venlo niemals ein internationales Distributionszentrum geworden. Nur ein Jahr später wurde dann auch die Eisenbahnverbindung von Venlo über Kempen und Krefeld nach Düsseldorf eingeweiht. Venlos deutscher Nachbarort Kaldenkirchen lag unversehens an der Schnittstelle dieser beiden Bahntrassen - und profitierte davon weit mehr als 100 Jahre.

Schon 1828 gab es Pläne zum Bau einer Bahnverbindung von Venlo nach Viersen. Der Konflikt zwischen den Niederlanden und dem gerade gegründeten Königsreich Belgien kam dazwischen: Venlo wurde von 1891 bis 1839 belgisch. Konkreter waren 1832 Pläne für eine Bahnlinie von Düsseldorf über Krefeld und Venlo nach Antwerpen. Belgiens Rückzug aus diesem Teil Limburgs beendeten diese Überlegungen. Ab 1845 wurden erneut Pläne für eine Bahnverbindung von Viersen nach Venlo geschmiedet. Viersens Textilindustrie suchte eine schnelle Verbindung zur Maas, um Rohstoffe heranzuschaffen und Produkte international vermarkten zu können. Ein Pferdefuhrwerk kam mit etwa fünf Kilometern in der Stunde voran, die Bahn fuhr 60 bis 80 Kilometer die Stunde und hatte weit höhere Transportkapazitäten.

Am Niederrhein arbeitete der Industrielle Friedrich Diergardt seit 1838 bereits konkret an Bauplänen für die Bahnstrecke von Viersen zum Rhein. Sein Textilunternehmen stand im Konkurrenzkampf mit britischen und französischen Anbietern. Diergardt war ab 1847 Mitglied im ersten vereinigten preußischen Landtag und des preußischen Abgeordnetenhauses. Er nutzte seinen Einfluss, um leistungsfähige Bahnverbindungen an den Niederrhein zu bringen.

(RP)
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