Nettetal Schicksalsfrage für die Realschule

Nettetal · Die Hauptschule hat die Stadt Nettetal bereits aufgegeben. Jetzt steht sie vor der Entscheidung, ob sie am Sommer 2016 gleichzeitig auch die Realschule abwickelt. Antworten erwartet Nettetal von Eltern der Grundschüler.

 Die Stadt hat enorm viel Geld ausgegeben, um im Schulzentrum Kaldenkirchen die Haupt- und die Realschule mit Technik und Infrastruktur, darunter eine Mensa, aufzurüsten. Genutzt hat es beiden Schulformen nicht.

Die Stadt hat enorm viel Geld ausgegeben, um im Schulzentrum Kaldenkirchen die Haupt- und die Realschule mit Technik und Infrastruktur, darunter eine Mensa, aufzurüsten. Genutzt hat es beiden Schulformen nicht.

Foto: Busch

Manchen Eltern, die am späten Dienstagabend die Werner-Jaeger-Halle verließen, dürfte der Kopf gebrummt haben. Da war die Rede von vertikalen und horizontalen Dependancen, von Kooperationsmodellen und einer Realschule plus, für die es aber keine Rechtsgrundlage gibt. Ihnen waren Auszüge aus dem Schulgesetz vorgetragen worden, zu ihnen sprachen Fachberater und schulfachliche Dezernenten. Obendrein bürdete ihnen die Stadt die Last auf, mit Antworten auf einem Fragebogen entscheidend an der künftigen Schulstruktur Nettetals mitzuwirken.

Selten hat es eine so intensive, informationsdichte und umfassende Veranstaltung für Eltern von Dritt- und Viertklässlern gegeben. Die wollten eigentlich nur wissen, auf welcher Grundlage sie über den weiteren Schulweg ihres eigenen Kindes entscheiden sollen. "Das ist ein einmaliger Prozess", kommentierte Claudia Nübel den Abend. Sie ist bei der Bezirksregierung verantwortlich für die Realschulen, ihr Kollege Mattias Otto, der Aufsicht über Gesamtschulen führt, war nicht minder beeindruckt.

Beide sehen die Stadt auf einem guten Weg, weil sie sich nicht in ein anscheinend unvermeidbares Schicksal fügen will. Die Eltern stehen nämlich vor der Frage, ob es künftig nur noch das Werner-Jaeger-Gymnasium und die Gesamtschule nach der Grundschule gibt, oder ob zusätzlich die Realschule erhalten bleibt. Die Leiter der weiterführenden Schulen kämpfen vehement für ein Kooperationsmodell: Gymnasium, Gesamtschule und Realschule wollen in partnerschaftlicher Koexistenz Nettetals Kindern die jeweils bestmögliche Bildung vermitteln. Der Haken daran: Die Realschule hat noch nicht den Rechtsrahmen, der ihr eine stärkere Differenzierung des Unterrichts zugesteht. Verdächtigungen, dass Kinder mit Hauptschul-Empfehlung durch den Rost fallen, wiesen die Schulleiter Angelika Eller-Hofmann (Gesamtschule) und Joachim Sczyrba (Realschule) zurück.

Dennoch: Horst Gerlach brach im Namen der Grundschulrektoren eine Lanze für die Dependance-Lösung. Eine konkrete Erklärung, wie sie gestaltet werden könnte, sei an diesem Abend viel zu kurz gekommen, klagte er. Immerhin hatte Tilman Bieber von der Firma Komplan beide Modelle kurz erläutert: Das "vertikale Modell", das zurzeit offensichtlich in Verwaltung und Politik besonderes Interesse findet, wäre eine Längsteilung der Gesamtschule. Vier Züge eines Jahrganges blieben durchgehend von der Klasse fünf bis 13 in Breyell. Parallel dazu würden in Kaldenkirchen drei bis vier Züge ebenfalls von der Klasse fünf bis 13 angesiedelt. Die horizontale Lösung sähe so aus, dass untere Jahrgänge ausnahmslos in Kaldenkirchen unterrichtet werden und die Mittelstufe sowie die Oberstufe in Breyell zur Schule gehen.

Wolfgang Jöres und Dr. Martin Landman leiten in Brüggen beziehungsweise Viersen "horizontal" aufgeteilte Gesamtschulen. Beide machten deutlich, dass sie darüber keineswegs glücklich sind. Es gebe einen hohen organisatorischen Aufwand und viele Zeitverluste zulasten der Kinder. "Ein Lehrer, der von einem zum anderen Standort fährt, widmet sich in dieser Zeit nicht den Kindern", so Landman.

In der späteren Diskussion gab es viele Fragen zur Dependance und weniger zu dem von den Schulleitern favorisierten Kooperationsmodell. Angelika Eller-Hofmann warnte Eltern, die ausschließlich die Gesamtschule im Blick haben. "Die deutlich vergrößerte wird nicht mehr die Gesamtschule sein, die Sie heute kennen. Eine Dependance zerschlägt das System, Sie werden eine ganz andere Schule vorfinden."

So geht es nun weiter: Bis zum 30. Oktober haben die Eltern der Viert- und Drittklässler Zeit, den an sie verteilten Fragebogen auszufüllen und abzugeben. Die Politik wird Anfang November dann im Schulausschuss in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden. Einfließen werden darin auch die Voten der Schulkonferenzen am Gymnasium sowie an Gesamt- und Realschule. Sie haben sich für das Kooperationsmodell entschieden.

(RP)
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