Nettetal Schulhündin Lotta holt Mobbingopfer aus der Isolation

Nettetal · Seit fünf Jahren gehört der Australien Shepherd zum Klassenzimmer und hat vielen Schülern geholfen

 Die Realschülerinnen Celine Cremers (l.) und Felice Drechsel knuddeln Schulhündin Lotta. Sie gehört Sportlehrerin Kathrin Funcke.

Die Realschülerinnen Celine Cremers (l.) und Felice Drechsel knuddeln Schulhündin Lotta. Sie gehört Sportlehrerin Kathrin Funcke.

Foto: F.H. Busch

Celine und Felice knuddeln Lotta, verteilen Leckerli. Dem Australien Shepherd gefällt's, die Hündin gibt Pfötchen, wälzt sich über den Boden und genießt die Streicheleinheiten. Seitdem Lotta an der Realschule ist, sprechen Schüler und Lehrer von einer positiven Veränderung des Schullebens: "Ich war früher total schüchtern, jetzt habe ich viel mehr Selbstvertrauen", sagt Felice (16), die in den Pausen für Lotta verantwortlich ist.

Die Idee eines Schulhundes hatte Kathrin Funcke, Lehrerin an der Realschule Nettetal, schon beim Studium: "Eine Studienkollegin hat ihre Arbeit über das Thema geschrieben", sagt Funcke. Dies schlug sie vor fünf Jahren dem damals neuen Rektor Joachim Sczyrba vor. Er war begeistert: "Nach einer Schulkonferenz war es beschlossene Sache", erinnert sich Sczyrba. Seitdem ist das Schulleben ohne Lotta unvorstellbar.

Kathrin Funcke kann viele Beispiele nennen, wie das Tier das Leben der Kinder und Jugendlichen verändert hat - etwa beim Mobbing: "Lotta hat es geschafft, dass sich Schüler besser gegen andere durchsetzen. Eine Schülerin habe in der fünften Klasse ihre Mutter verloren, Lotta hat den Zugang zu ihr möglich gemacht." Ein Junge mit selbstzerstörerischen Tendenzen habe den Hund immer gestreichelt, wenn sein Stresspegel stieg; das habe ihn beruhigt. Ein anderer Junge hatte ADHS und Konzentrationsstörungen. Dank Lotta sei er immer seltener durch die Klasse gelaufen. "Irgendwann konnte er sitzen bleiben, weil er seinen Bewegungsdrang kontrollieren konnte", sagt Funcke.

Die Lehrer wissen, dass es nicht alles nur Lotta zu verdanken ist, aber: "Sie verurteilt keinen nach seinem Aussehen, sie ist ein Türöffner", sagt Joachim Sczyrba.

In rund 140 Therapiestunden hat Lotta gelernt, sich anzupassen. Sie kennt laute Geräusche, wackelige Unterböden und schreckt vor ungewöhnlichen Situationen nicht zurück. Im Gegenteil: "Sie fängt an zu bellen und geht dazwischen, wenn zwei sich kebbeln", weiß Zehntklässlerin Felice Drechsel. Mit ihrer Freundin Celine Cremers wird sie bald auf andere Schulen wechseln, um Abitur zu machen. "Das wird sehr traurig werden, wir werden Lotta sehr vermissen", sagen die Jugendlichen. Denn sie kannten Lotta bereits als Welpen.

Über positive Rückmeldungen freut sich der Schulleiter. Es gibt aber auch Schüler, die Angst vor Hunden haben oder an einer Tierhaarallergie leiden. Kathrin Funcke hält Lotta dann von ihnen fern.

Im Moment ist der Schulhund seltener in der Realschule, denn Frauchen Kathrin Funcke ist in Elternzeit. Doch so oft wie möglich sind sie zu Besuch. Joachim Sczyrba bewahrt deshalb eine Tüte voller Leckerchen im Schreibtisch auf. Nach dem Erfolg mit Lotta - kommt da ein zweiter Schulhund infrage? "Natürlich ist ein Schulhund auf 500 Schüler nicht viel. Aber ein neuer müsste perfekt passen, und das ist schwierig", sagt der Schulleiter. Solange steht Lotta im Mittelpunkt und darf sich allein über Leckereien von Schülern und Lehrern freuen.

"Mit ihr wird es halt nie langweilig", sagt Felice und streichelt den Vierbeiner liebevoll.

(janj)
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