Nettetal Unfall auf Parkplatz - wer hat Schuld?

Nettetal · Ein Auto ist in den Wagen des Lobberichers Josef Krämer geprallt. Der Unfall passierte auf dem öffentlichen Parkplatz am Brockerhof

Josef Krämer auf dem Parkplatz, auf dem sich der Zusammenstoß ereignete. In der Hand hält er den Unfallbericht der Polizei.

Josef Krämer auf dem Parkplatz, auf dem sich der Zusammenstoß ereignete. In der Hand hält er den Unfallbericht der Polizei.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Als das andere Auto gegen Josef Krämers Hyundai i30 prallt, ist er sich sicher, keinen Fehler gemacht zu haben. Die Beule im linken Kotflügel dient ihm als Beweis. "Ich kam von rechts, der andere von links", sagt Krämer, "ich hatte Vorfahrt."

Doch so einfach lag die Sache Ende März nicht. Heute weiß der 78-Jährige, dass er sich mit seinem Auto auf Parkplätzen nicht so bewegen kann, wie auf der Straße. Denn laut Polizei trägt der Nettetaler an dem Unfall auf dem Parkplatz am Brockerhof eine Mitschuld. Demnach greift auf der städtischen Parkfläche in Lobberich nicht die Rechts-vor-links-Regelung, sondern das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Auf anderen öffentlichen Parkplätzen könne das aber wieder anders sein - entschieden werde im Einzelfall, sagt Achim Braun von der Direktion Verkehr bei der Kreispolizei.

Für Krämer ist der Vorfall auch Wochen später noch immer unverständlich. Er beteuert, sehr langsam gefahren zu sein. "Ich sah den anderen von links kommen, und mein Auto stand innerhalb von einem Meter", sagt er. Der Rentner war es, der damals die Polizei rief. Weil sein Auto erst zwei Jahre alt ist, sollte alles seine Richtigkeit haben, und außerdem sah er sich ja im Recht. "Die Beamten aber sagten mir, dass auf dem Parkplatz die besondere Sorgfaltspflicht gilt", erinnert sich Krämer. Jeder müsse selbst für seinen Schaden aufkommen, und außerdem mussten beide Unfallbeteiligten ein Bußgeld von je 35 Euro bezahlen.

Kreispolizist Braun bestätigt den Vorfall. Der von links kommende Autofahrer sei damals als offensichtlicher Unfallverursacher angesehen worden. Krämer als vermeintlich Geschädigter - allerdings mit einer Mitschuld. Braun erklärt: "Auf öffentlichen Parkplätzen gibt es keine generelle Vorfahrtsregelung." So könne etwa bei einer um den Parkplatz laufenden Fahrspur das Rechts-vor-links-Gebot gelten, auf den inneren Spuren, die zu den Parklücken führen, allerdings nicht. Dort orientiere man sich an Paragraf 1, Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO): "Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird." Für das Jahr 2016 verzeichnete die Polizei 1525 Parkplatzunfälle im Kreisgebiet, davon 232 in Nettetal.

Axel Dammer, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Nettetal, hat regelmäßig mit Parkplatzunfällen zu tun, bei denen zunächst unklar ist, wer welche Schuld trägt. "Für das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen gibt es eine Ausnahme: Wenn sie einen Straßencharakter haben, gelten die Vorfristen der StVO", sagt Dammer. Der könne beispielsweise auf dem Parkplatz eines großen Geschäfts wie etwa eines Möbelhauses in einer Großstadt mit Verkehrsschildern und Zebrastreifen gegeben sein, sagt er. "Für den Kaufland-Parkplatz hat das Amtsgericht Nettetal entschieden, dass er keinen Straßencharakter hat", sagt Dammer. "Da befinde ich mich gerade in Berufung."

Wie Dammer sagt, ändere auch das Schild "Hier gilt die StVO" nichts an der Sachlage. "Es ist ebenso irrelevant wie ,Eltern haften für ihre Kinder'", sagt der Anwalt. Gabriele Schön vom ADAC Niederrhein sagt: "Ein häufiges Problem bei Parkplatzunfällen ist, dass es keine Zeugen gibt. Wer stand wo? Wer fuhr, wer parkte?" Wichtig zu wissen sei aber: "Die Einschätzung der Polizei ist nicht bindend", sagt die Rechtsanwältin. Auch Kreispolizist Braun rät, den Schaden bei der Versicherung zu melden. "Dann kümmert die sich darum", sagt er.

Diesen Schritt will Josef Krämer aber nicht mehr gehen. "Das ist mir nach dem ganzen Ärger zu stressig", erklärt er. Der Rentner hat die Stoßstange notdürftig reparieren lassen, rund 1200 Euro würde eine neue kosten, sagt Krämer, seine Selbstbeteiligung sei sehr hoch. Auf öffentlichen Parkplätzen will er sich in Zukunft ganz besonders vorsichtig verhalten.

(RP)
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