Nettetal Wohnen im Wasserturm

Nettetal · Das 1898 erbaute Wahrzeichen Lobberichs steht seit vielen Jahren leer. Sein Besitzer Helmut Sommerfeld kann sich vorstellen, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude an jemanden zu verkaufen, der darin wohnen möchte.

 45 Meter hoch ist das Wahrzeichen Lobberichs: der Wasserturm. Der Kopf wurde 2005 komplett saniert.

45 Meter hoch ist das Wahrzeichen Lobberichs: der Wasserturm. Der Kopf wurde 2005 komplett saniert.

Foto: Busch

Steile Holztreppen mit dünnen, wackligen Geländern führen hinauf. Mit jeder Stufe, die es emporgeht, schwingt die Konstruktion stärker. Dabei ist der Weg noch weit, 45 Meter sind es von ganz unten bis in die Spitze. Schon jetzt beunruhigt der Gedanke an den Abstieg. Denn die hölzernen Zwischenebenen erlauben den Blick durch ihre Ritzen bis nach unten — und beruhigen nicht wirklich. Unter Höhenangst sollte also nicht leiden, wer mit dem Gedanken spielt, im historischen Wasserturm in Lobberich zu wohnen. Viel Geld und Arbeit wären allerdings noch zu investieren, bevor es sich dort komfortabel leben ließe.

Helmut Sommerfeld hat das unter Denkmalschutz stehende Gebäude Mitte der 90er-Jahre von der Stadt gekauft, nachdem mehrere Versuche misslungen waren, den Wasserturm zu veräußern. Ein Filmstudio sollte dort mal einziehen, später war an ein Hotel gedacht, in dem aber wohl eher leicht bekleidete Damen ihre männlichen Gäste empfangen hätten. "Jetzt freue ich mich, wenn ich von zu Hause aus sehe, wie abends oben im Wasserturm das Licht brennt", sagt Turm-Besitzer Sommerfeld, der 2005 den Turmkopf mit Unterstützung des Verkehrs- und Verschönerungsvereins komplett sanieren und mit neuen Fenstern und einem Kupferdach versehen ließ.

Hohe Investitionskosten

Eilig hat es Sommerfeld mit dem Verkauf des Turms nicht, schließlich sieht er das historische Gebäude als sein Hobby an. Wenn jedoch jemand ernsthaftes Interesse an einer sinnvollen Nutzung, 249 000 Euro für den Kauf und noch einmal mindestens eine halbe Million für den Ausbau hätte, würde Sommerfeld das gute Stück hergeben. "Ich verkaufe nur, wenn jemand was Gescheites daraus macht", sagt Sommerfeld. "Bisher haben die hohen Investitionskosten aber alle abgeschreckt." Um den Turm nutzbar zu machen, ist der Anbau eines Aufzugs unverzichtbar — und würde laut Immobilienmakler Guido Hoersch mit 250 000 Euro zu Buche schlagen.

Zwar steht der Turm unter Denkmalschutz, doch wäre der Umbau zu einem Wohn- oder Bürogebäude möglich — selbst mit einem modernen Aufzug an der Seite. "Wir wollen den Turm schließlich als Wahrzeichen für die Zukunft erhalten, und das geht nur mit einer sinnvollen Nutzung. Daher würden wir dem Eigentümer entgegenkommen, sagt Helmut Bertges, im Nettetaler Rathaus für den Denkmalschutz zuständig. Auch der Landeskonservator würde laut Bertges wohl zustimmen. Ihm ist allerdings auch klar, dass es bei den Lobberichern und in der Politik einigen Widerstand geben würde. Ein Hotelbetrieb wäre heute aber nicht mehr möglich — dafür ist das Grundstück, auf dem der Turm steht, zu klein.

Kupferkessel muss bleiben

Problematisch ist auch der riesige Kupferkessel im Kopf des Turms. Diesen könnte man nämlich nicht einfach rausnehmen, da er dem Gebäude Stabilität gibt. Um die Wohnräume also mit Licht zu versorgen, wären bestenfalls zusätzliche kleine Fenster möglich.

Helmut Sommerfeld wird also wohl noch eine Weile Freude an seinem Hobby haben und alle zwei Monaten die wackligen Treppen emporsteigen, durch die dunkle Röhre klettern, die durch den Wassertank führt, und — oben angekommen — das Licht neu einstellen. Außerdem nutzen ab und zu ein paar Vogelkundler den tollen Ausblick von der Spitze aus, um ihrem Hobby nachzugehen. Zunächst kann also alles bleiben, wie es ist. Und durch die Sanierung des Kopfes "kann der Turm noch 50 Jahre so stehenbleiben", sagt Sommerfeld.

(RP)
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