Neukirchen-Vluyn 28-Jähriger streitet Terror-Planungen ab

Neukirchen-Vluyn · Der Kamp-Lintforter lagerte in einer Garage bombenfähiges Material. Eine Straftat habe er damit jedoch nicht vorbereitet.

Auf der Suche nach Diebesgut aus zuvor erfolgten Einbrüchen fanden Polizei-Beamte im Mai 2017 in der Alten Kolonie eine überraschend große Menge an Chemikalien.

Auf der Suche nach Diebesgut aus zuvor erfolgten Einbrüchen fanden Polizei-Beamte im Mai 2017 in der Alten Kolonie eine überraschend große Menge an Chemikalien.

Foto: pannwitz (archiv)

Bei der Durchsuchung einer Garage in der Alten Kolonie in Neukirchen-Vluyn waren im Mai 2017 Materialien gefunden worden, die sich prinzipiell zum Bombenbau eignen. Daraufhin wurden drei Personen festgenommen (die RP berichtete). Während sich der Verdacht gegen den 24-jährigen Garagenbesitzer und eine weitere Person nicht erhärtet hatten, wird einem 28-jährigen Kamp-Lintforter nun vor dem Düsseldorfer Landgericht der Prozess gemacht. Der Vorwurf: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Er soll einen islamistischen Terroranschlag in Deutschland vorbereitet haben.

Am ersten Verhandlungstag äußerte sich der Angeklagte umfangreich zu den Vorwürfen. Dabei räumte er ein, dass er Chemikalien in der Garage eines Freundes untergebracht hatte. Er habe in seiner Jugend an Pyrotechnik herumexperimentiert, Böller und Raketen gebastelt. Alle Stoffe habe er jedoch schon vor 2009 erworben und bald das Interesse verloren. Sechs Jahre lang habe alles ungenutzt in Neukirchen-Vluyn gelagert. Auch ein altes Nokia-Handy sowie ein Wecker wurden dort gefunden. An beiden hatte der Kamp-Lintforter herumgeschraubt, sie jedoch nie zu funktionsfähigen Zündern verarbeitet. Überhaupt sei alles reine Spielerei gewesen. Der Angeklagte besaß neben Feuerwaffen und einer Handgranate auch eine selbstgebaute "Sprengmatte". Sein Vorbild sei die Mine aus einem Actionfilm gewesen. Er habe damit lediglich Eindruck schinden wollen.

Kamp-Lintfort: Polizei durchsucht Haus
6 Bilder

Hausdurchsuchung in Kamp-Lintfort

6 Bilder
Foto: Christoph Reichwein

Im Gerichtssaal hinterlässt der Kamp-Lintforter einen nervösen Eindruck. Einer seiner Anwälte sitzt während der Verhandlung gleich neben ihm, immer wieder beraten sich die beiden. Der türkische Staatsbürger bezog vor seiner Inhaftierung Arbeitslosengeld II, bezeichnet sich selbst als "faul". Beim SCI in Moers ließ er sich zum Metallbauer ausbilden, wurde im dritten Lehrjahr wegen seiner Unzuverlässigkeit gekündigt. Fünf bis sieben Stunden habe er zuletzt pro Tag vor dem Computer verbracht. Wegen seines starken Übergewichts sei eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt schwierig gewesen.

Neben dem angeblichen Bombenbau stritt der Angeklagte auch eine eigene Radikalisierung strikt ab. Er sei zwar gläubiger Moslem, habe jedoch nie Menschen nach ihrer Religion beurteilt. Dass auf seinem Handy ein Kontakt aus der Dinslakener Islamisten-Szene vorhanden war, erklärte er mit seiner Arbeit. Dieses Mitglied der "Lohberger Brigade" sei ein Kollege bei einem Aushilfsjob gewesen, er habe ihn lediglich vor vielen Jahren zwei Mal getroffen. "Die Leute hatten null Einfluss auf mich", sagt er. Dass sein Kollege einige Jahre später für den Islamischen Staat im Syrien-Krieg kämpfte und hierbei ums Leben kam, habe er erst aus den Medien erfahren. Weder im familiären Umfeld noch im Freundeskreis sei jemals ein radikaler Islam praktiziert worden.

Die Mutter und zwei Halbschwestern aus erster Ehe des verstorbenen Vaters waren als Zeugen geladen, verweigerten jedoch allesamt die Aussage. Vor ihnen hatte der 28-Jährige sein "Hobby" stets geheimgehalten, sagte er.

(mlat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort