Neukirchen-Vluyn/Moers Asylheim brennt: Mann nicht schuldfähig

Neukirchen-Vluyn/Moers · Gericht schickt den 20-Jährigen in ein psychiatrisches Krankenhaus. Zuvor muss er noch eine Entziehungskur machen. Im April hatte er sein Zimmer angesteckt und damit die rund 20 Bewohner des Heims in Lebensgefahr gebracht.

 Deutlich zu sehen sind die Brandspuren an der Fassade. Das Asylbewerberheim an der Neukirchen-Vluyner Max-von-Schenkendorf-Straße war danach unbewohnbar.

Deutlich zu sehen sind die Brandspuren an der Fassade. Das Asylbewerberheim an der Neukirchen-Vluyner Max-von-Schenkendorf-Straße war danach unbewohnbar.

Foto: Dieker

Er setzte sein Zimmer in einem Neukirchen-Vluyner Asylbewerberheim an der Max-von-Schenkendorf-Straße in Brand und attackierte einen Mitbewohner in einer anderen Unterkunft mit dem Messer. Die große Jugendstrafkammer hat einen 20-Jährigen gestern vom Vorwurf der schweren Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung freigesprochen. Als er die Taten beging, war er nicht schuldfähig. Das Gericht ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Zuvor muss der Mann allerdings in eine Entziehungsanstalt. Bei dem Feuer im April war das Zimmer völlig ausgebrannt, das Gebäude war zunächst unbewohnbar. 20 Bewohner mussten in andere Unterkünfte gebracht werden.

"Ich war krank in meinem Kopf und hatte keine Kontrolle über mich", sagte der dunkel gekleidete junge Mann, der große Teile der Verhandlung mit weit nach vorne gebeugtem Oberkörper verfolgte. Immer wieder schweifte er vom Thema ab, hatte Schwierigkeiten überhaupt Antworten zu finden, die zu den Fragen passten. Seit anderthalb Jahren konsumiere er täglich Amphetamine, Cannabis und Alkohol, gab er an. "Wenn ich Stress habe trinke ich, bis ich umfalle", sagte er.

Wie er das ganze denn finanziere, wenn er von Sozialgeld lebe, wollte der Richter wissen. "Durch Schwarzarbeit", räumte der Mann nach Beratung mit seiner Anwältin ein. Er habe als Helfer auf Baustellen Geld verdient. Davon habe er bis zu drei Flaschen Kräuterlikör am Tag und Betäubungsmittel finanzieren können. Die Taten wolle ihr Mandant einräumen, soweit er sich erinnere, sagte die Verteidigerin. Er bedauere die Brandstiftung und die Körperverletzung. Zur Tatzeit litt er unter Verfolgungsangst. Nachvollziehbare Erklärungen und Details gab es nach dem pauschalen Geständnis allerdings nicht. Er wisse nicht einmal, ob er sich nur einbildete, verfolgt zu werden, sagte der Angeklagte. Immer wieder musste er ermahnt werden, nicht vom Thema abzuschweifen und sich zu konzentrieren. Zu der Brandstiftung sagte er: "Da waren Leute, die mich mit dem BMW verfolgt haben." Was das mit der Tat zu tun hatte, wurde nicht klar. Ein ehemaliger Mitbewohner auf der Max-von-Schenkendorf-Straße hatte das Feuer bemerkt: Er sei am Nachmittag vom Fußballspielen zurückgekommen und habe Essen zubereitet. Das auffällige Verhalten des Mitbewohners sei ihm schon aufgefallen. Sein Blick habe ihm Angst gemacht. Er habe gesehen, dass der Mann eine Mülltonne in sein Zimmer schob, und geglaubt, er wolle aufräumen. Kurz darauf sei er gegangen und habe die Tür abgeschlossen. Der Rauchmelder sei dann angesprungen, durch die Türritzen drang Rauch. Mit Hilfe von Nachbarn hatte der Zeuge die Familien, die in den oberen Etagen wohnten, gewarnt. Dann habe man versucht, mit Gewalt die Tür zu öffnen. Der Zeuge hatte sich dabei Verbrennungen an der Hand zugezogen.

Schon im Februar war der Angeklagte mit dem Messer auf einen Bewohner in der Unterkunft am Hugengraben losgegangen. Er sei angegriffen worden, sagte der 20-Jährige zu seiner Verteidigung. Das Opfer hatte Stiche in den Rücken und im Bereich des Schlüsselbeins sowie eine Schnittverletzung am Nacken davongetragen. Ein Gutachter sprach von einer durch Drogen induzierten Psychose. Sein Arzt hatte bestätigt, dass ohne die entsprechenden Medikamente weitere Gewalttaten nicht auszuschließen seien. Der Mann habe sich nicht freiwillig behandeln lassen und Medikamente, die er im Krankenhaus bekam, wieder ausgespuckt.

(bil)
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