Neukirchen-Vluyn Bosnienhilfe begeht das Silberjubiläum

Neukirchen-Vluyn · Im Februar 1992 brachte Heribert Hölz den ersten Hilfstransport auf die Räder. Festakt mit Gästen aus Bosnien.

 Heribert Hölz in Bosnien. Immer noch lebten dort viele Menschen in großer Armut, berichtet er.

Heribert Hölz in Bosnien. Immer noch lebten dort viele Menschen in großer Armut, berichtet er.

Foto: Hölz

Zeit seines Lebens war Heribert Hölz ein "kleiner Sozialarbeiter". Und doch sagt er über sich: "Ich lebe wie die Made im Speck." Er sagt es, weil er oft genug gesehen hat, wie Menschen in Not, Elend und Armut leben. 85 Mal war der Neukirchen-Vluyner inzwischen auf dem Balkan, um dort den Menschen zu helfen. Hölz ist Gründer und Leiter der Bosnienhilfe der Caritas Duisburg. Deren 25-jähriges Bestehen wurde in den vergangenen Tagen begangen. Zu dem Festakt und Gottesdienst an der Gemeinde St. Judas Thaddäus in Duisburg-Buchholz waren auch enge Gäste aus Bosnien erschienen, darunter Caritas-Präsident Tomo Knezevic.

Am 15. Februar 1992 war Hölz erstmals in Richtung Balkan aufgebrochen. Wie viele andere hatte er Fernsehberichte über den dortigen Krieg gesehen und war erschüttert. Er fühlte sich an die eigene Kindheit und Jugend erinnert. "Ich bin im 1942 im Krieg geboren worden und in Duisburg-Hochfeld in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen." Seinen Vater hatte Hölz nie kennengelernt, er starb im Krieg. Hölz, seit 1968 Sozialarbeiter bei der Duisburger Caritas, beschloss zu helfen. Einen "flammenden Brief" habe er entworfen und um Spenden gebeten. "Weihnachten 1992 hatte ich tatsächlich die sagenhafte Summe von 11.000 Mark zusammen." Aus dem zunächst übermütig dahingeworfenen "Da fahr ich hin" war eine Verpflichtung geworden. "Aber ich hatte Muffensausen. Ich hatte Frau und Kinder. Und da war richtiger Krieg, da wurde geschossen und gestorben." In langen Diskussionen mit seiner Frau Ursula reifte der Entschluss, tatsächlich zu fahren. "Wenn meine Frau nicht zugesagt hätte, mir zu helfen, wäre daraus nichts geworden."

Ganz genau erinnert sich Hölz noch an den Grenzbeamten, der ihn am Karawanken-Pass zum Umkehren überreden wollte, und dann an die Fahrt von einem Checkpoint zu anderen. Die erste Fahrt mit einem Lkw voller Lebensmittel führte zu einem Klarissen-Kloster bei Zagreb, in dem Kriegsflüchtlinge Zuflucht fanden. "Die guckten mich an wie einen Mann von einem anderen Stern." Weil er die Landesprache nicht beherrschte, wandte sich Hölz auf Rat des deutschen Büros für Humanitäre Hilfe in Zagreb an das kroatische Innenministerium. Dort traf er Ivo Baucic ("Der war wie ein Sechser im Lotto"), mit dem er in den folgenden drei Jahren "kreuz und quer" durch Bosnien fahren konnte. Denn schnell wurde Hölz klar: Bei einem einzigen Hilfseinsatz kann es nicht bleiben.

Nicht nur Lebensmittel, sondern "alles, was gebraucht wurde", hat Hölz nach Bosnien transportiert. "Ganze OP-Säle für Kriegslazarette waren darunter." Insgesamt 72 Lastwagen mit Sachspenden brachte Hölz nach Bosnien. Vor allem aber insgesamt drei Millionen Euro an Geldspenden, mit denen vor Ort Hilfe geleistet wird. "So kann man auch besser die lokale Wirtschaft ankurbeln." Die "Millionentasche", in der er viele Jahre lang das Geld aufbewahrte, ist inzwischen Exponats eines Museums im Franziskanerkloster Fonjica.

Inzwischen fährt Holz nicht nach Bosnien, sondern fliegt hin. "Dort stellt mir der Caritasverband einen Minibus mit Fahrer zur Verfügung." Meist nimmt Hölz Begleiter mit, ehrenamtliche Helfer oder Spender, die dann mit eigenen Augen sehen könne, wie dringend die Hilfe auch heute noch, viele Jahre nach Kriegsende, sei. "Die Landespolitik ist verheerend. Bosnien Herzegowina hat 100 Minister, die stopfen sich die Taschen voll. "Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 60 Prozent. Und viele alte Leute müssen mit 50 Euro Rente auskommen." Hölz erzählt von Familien-Patenschaften, von Schulprojekten, Suppenküchen. Und gibt sich keinen Illusionen hin: "In Zenica, wo 70 Prozent der Menschen arbeitslos sind, teilen wir täglich 122 Essen aus. Ich ändere gar nichts in Bosnien. Ich kann höchstens ein Pflasterchen verteilen." Doch das will er tun, so lange wie er kann.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort