Neukirchen-Vluyn "Ein Windpark wäre der Tod für uns"

Neukirchen-Vluyn · Ein Unternehmen möchte vier oder fünf Windräder nahe der Halde Norddeutschland errichten. Gleitschirmflieger sind besorgt.

In heller Aufregung sind die Gleitschirmflieger von der Halde Norddeutschland, seit bekannt wurde, dass in der Nachbarschaft ein Windpark entstehen könnte. "Das wäre der Tod für unseren Verein", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Vereins "Gleitzeit", Holger Schlothmann. "Man nimmt uns alles, was wir haben." Die Stadt möchte die Ackerflächen zwischen Rayen und der Halde als Konzentrationszone für Windenergieanlagen ausweisen. Der Stadtentwicklungsausschuss hat dies im März zur Kenntnis genommen und die Verwaltung beauftragt, mit den Gleitschirmfliegern zu sprechen.

Ein Unternehmen aus Mülheim/Ruhr, die EFI Wind GmbH, möchte vier bis fünf riesige Windenergieanlagen bauen. Es laufen Gespräche mit Vereinen, die die Halde nutzen - neben dem Verein Gleitzeit sind dies Kiter, Modellflieger und der AS Neukirchen-Vluyn. Letzterer verschickte an seine Mitglieder jüngst einen Plan, auf der die Standorte von vier Windkraftanlagen eingezeichnet sind.

Das Anliegen der Stadt ist ehrenhaft: Sie will ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und den Anteil der erneuerbaren Energien erhöhen. Nach einer Vorgabe der Landesregierung müssen Kommunen Konzentrationszonen für Windanlagen ausweisen, deren Anteil, an der Gemeindefläche zwei Prozent betragen sollte. Eine neue "Potenzialanalyse" über die geeigneten Flächen in der Stadt wurde der Verwaltung frei Haus serviert: Sie entstand im Rahmen einer Masterarbeit an der Uni Bochum. Neben dem großen Areal zwischen Rayen und der Halde Norddeutschland kommt danach auch ein kleines Gebiet südlich der A 40 für Windräder in Betracht.

"Die Analyse war kostenfrei für die Stadt, die sonst ein Ingenieurbüro beauftragen müsste", sagte Dr. Thomas Tschiesche, Geschäftsführer der EFI im Gespräch mit unserer Redaktion. Dass die Masterarbeit in Kooperation zwischen Uni und der EFI entstand, scheint im Stadtentwicklungsausschuss kein Thema gewesen zu sein. Die EFI hat nach Auskunft Tschiesches mehr als 900 Windkraftanlagen in der ganzen Welt errichtet. Zwei davon stehen bereits in Neukirchen-Vluyn. Mit 100 Metern Höhe sind sie aber verhältnismäßig klein. In dem neuen Windpark möchte die EFI Anlagen mit einer Nabenhöhe von 137 Metern und einer Gesamthöhe von über 200 Metern errichten. Zum Vergleich: Die Halde ist 80 Meter hoch.

Für den Gleitschirmflug bedeuteten solche Anlagen das Aus, sagt Holger Schlothmann vom Verein Gleitzeit. Die Windräder erzeugten bis zu 1,5 Kilometer lange Luftverwirbelungen. Geriete ein Flieger in einen solchen Wirbel, könnte dies für ihn den Absturz bedeuten. Schlothmann unterstreicht die Bedeutung der Halde als Erholungsgebiet. Unter Gleitschirmfliegern sei sie in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt. "Österreicher. Bayern, Schweizer wundern sich, dass der Sport auch im Flachland möglich ist." Die Schleppvorrichtungen, mit denen die Gleitschirmflieger in die Höhe gezogen werden, seien einmalig in der Bundesrepublik. Schon vor einigen Jahren gab es Pläne für einen Windpark an der Halde. "Sie wurden damals abgeschmettert", erinnert sich Schlothmann. Zu den neuen Plänen habe der Verein eine klare Haltung: "Nur über unsere Leichen."

Derweil bekräftigt Thomas Tschiesche das große Interesse seines Unternehmens an dem Windpark. Allerdings weiß er auch, dass bei solchen Projekten langer Atem notwendig ist. Mindestens zwei Jahre werde es dauern, bis der Flächennutzungsplan angepasst sei. Bis eine Baugenehmigung vorliegt, werde wohl ein weiteres Jahr ins Land gehen. Und auch das weiß Tschiesche angesichts der Gesetze und Vorschriften die beachtet werden müssen und der Interessen, die es abzuwägen gilt: "Ob es jemals eine Genehmigung gibt, steht in den Sternen."

(RP)
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