Neukirchen-Vluyn Gedenken an das Los der Zwangsarbeiter

Neukirchen-Vluyn · Rund 1500 Männer und Frauen aus Osteuropa wurden von 1939 bis 1945 nach Neukirchen-Vluyn verschleppt. Hier schufteten und hungerten sie, oft eingepfercht in Lager. Vier Gedenktafeln sollen nun ihr an ihre Leiden erinnern.

 Bürgermeister Lenßen mit der Familie Gordijko aus der Ukraine. Der Vater von Mykola Gordijko war Zwangsarbeiter in Neukirchen-Vluyn gewesen. Das Foto entstand bei einem Besuch im Jahr 2010. Dazu gehörte auch der Eintrag ins Gästebuch der Stadt.

Bürgermeister Lenßen mit der Familie Gordijko aus der Ukraine. Der Vater von Mykola Gordijko war Zwangsarbeiter in Neukirchen-Vluyn gewesen. Das Foto entstand bei einem Besuch im Jahr 2010. Dazu gehörte auch der Eintrag ins Gästebuch der Stadt.

Foto: Klaus Dieker

Sie wurden aus Russland, aus der Ukraine, aus Polen verschleppt, oft noch als Jugendliche. In den Jahren 1939 bis 1945 mussten auch in Neukirchen- Vluyn rund 1500 Menschen Zwangsarbeit leisten, oft erniedrigt, schlecht untergebracht und ernährt. Nun soll an sie und ihr Leiden erinnert werden. Der Hauptausschuss des Neukirchen-Vluyner Rates beschäftigt sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Aufstellen von vier Gedenktafeln.

"Der Gedanke stammt aus dem Beirat des Museumsvereins", sagt Bürgermeister Harald Lenßen. "So soll die Erinnerung wachgehalten werden. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Vereins und der Stadt haben sich für vier Standorte entschieden. Sie sollen das Thema Zwangsarbeiter "für einen gesonderten Stadtrundgang thematisch in sich abgeschlossen vollständig" darstellen, heißt es in der Vorlage der Verwaltung.

Die Tafeln sollen nicht an Gebäuden angebracht, sondern jeweils auf einen Edelstahl-Fuß montiert werden. Die erste Tafel ist vorgesehen für den Standort Niederberg, südlich der Niederrheinallee. Die Mehrheit der Zwangsarbeiter vor Ort wurde damals im Steinkohlebergbau eingesetzt. Die übrigen 350 wurden landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben zugeteilt. Die zweite Tafel soll an der Holtmannstraße stehen. Dort waren von 1941 bis 1945 bis zu 600 sowjetische Gefangene in einem Lager untergebracht, mit Stacheldraht umzäunt, von der Wehrmacht bewacht. Die dritte Tafel an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße/Ecke Siebertstraße bezeichnet den Ort, wo 1943 ein "Ostarbeiterlager" errichtet wurde. Dort waren 144 Ukrainer unter unmenschlichen Bedingungen eingepfercht.

Die vierte Tafel schließlich wird auf dem Friedhof Neukirchen stehen. Dort befinden sich die Gräber von 37 Zwangsarbeitern, Frauen und Männern, die in Neukirchen-Vluyn starben: 22 von ihnen hatten auf Niederberg gearbeitet, 15 in der Landwirtschaft, darunter vier Frauen und Mädchen. Diese Zwangsarbeiter waren in drei Lagern untergebracht: Dorfschule Neukirchen, Dimmershof Vluyn bei Schloss Bloemersheim, Nieper Schule. Für zwanzig Frauen aus der Ukraine wurde ein "Ostarbeiterinnenlager" am Möllenbruckshof eingerichtet. Viele Zwangsarbeiter lebten aber auf den Höfen, wo sie arbeiteten.

In den vergangenen Jahren haben ehemalige Zwangsarbeiter oder ihre Nachfahren den Niederrhein besucht, um Spuren der Vergangenheit zu suchen. Der Verein "Erinnern für die Zukunft" hat in vielen Fällen die Kontakte hergestellt. Schmerzlich und hoffnungsvoll zugleich seien diese Besuche gewesen, sagt Harald Lenßen im Rückblick.

(RP)
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