Neukirchen-Vluyn Gemeinde nimmt Abschied von Kirche

Neukirchen-Vluyn · Morgen feiert die evangelische Kirchengemeinde Neukirchen zum letzten Mal einen Gottesdienst in der Friedenskirche am Bendschenweg. Das entwidmete Gotteshaus wird abgerissen, auf dem Grundstück soll Wohnbebauung entstehen.

 Oben: Der "Lebensbaum" aus Schiefer gehört zur Ausstattung der Kirche. Er wird den Gemeindegliedern in kleinen Stücken als Erinnerung mitgegeben. Links: Bald wird dieKirche Historie sein. Das 55 Jahre alte Gebäude soll bald abgerissen werden, das Grundstück wird an einen Investor verkauft.

Oben: Der "Lebensbaum" aus Schiefer gehört zur Ausstattung der Kirche. Er wird den Gemeindegliedern in kleinen Stücken als Erinnerung mitgegeben. Links: Bald wird dieKirche Historie sein. Das 55 Jahre alte Gebäude soll bald abgerissen werden, das Grundstück wird an einen Investor verkauft.

Foto: Klaus Dieker

Nicht alle Kirchen überdauern die Jahrhunderte. Während die alte Dorfkirche im Kern von Neukirchen jüngst erneuert worden ist, schlägt für die 55 Jahre alte Friedenskirche am Bendschenweg die Stunde. Am Sonntag werden die Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde Neukirchen dort zum letzten Mal den Gottesdienst feiern. Nach Predigt und Abendmahl werden die Gläubigen zur Dorfkirche ziehen, "um deutlich zu machen, dass dort die einzige Gottesdienststätte für die Gesamtgemeinde sein wird", erläutert Pfarrer Frank Rusch.

Die Friedenskirche wird dann in absehbarer Zeit abgerissen und das Grundstück einem Investor zum Verkauf angeboten. Voraussichtlich werde dort Wohnbebauung entstehen, sagt der Pfarrer. Abriss und Verkauf seien nötig, weil die Gemeinde sparen muss. "Unsere Gemeinde unterhält drei Kirchen. Zwei davon, die Johanneskirche in Rayen und die Dorfkirche in Neukirchen, sind denkmalgeschützt", erklärt Frank Rusch. Für die Friedenskirche, einen Bau der 60er Jahre, gilt das nicht.

Über ein Aus für die Friedenskirche wurde bereits im Jahr 2005 gesprochen. Damals löste das erhebliche Konflikte in der Gemeinde aus. Ein Initiativkreis gründete sich und rief zur Spenden für den Erhalt des Gotteshauses auf. Das damalige Presbyterium untersagte dies zunächst, befürwortete die Sammlung dann aber. Die Betriebskosten für die Kirche für das darauffolgende Jahr kamen tatsächlich zusammen, so wurde der Abriss für damals abgewendet.

Nun, rund zehn Jahre später, ereilt die Kirche doch noch ihr Schicksal. Das Engagement konnte dauerhaft nicht helfen, die Gemeinde schrumpft. "Wir verlieren pro Jahr rund 100 Gemeindeglieder", sagt Pfarrer Rusch. Nicht etwa durch Austritte, sondern durch Sterbefälle, Ortswechsel etc. Als die Friedenskirche in Dienst genommen wurde, sah die Lage noch ganz anders aus. Nach dem Krieg zogen viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten nach Neukirchen in die neuen Siedlungen, die Zeche florierte noch, alle Zeichen standen auf Wachstum der Gemeinde. Die neue Friedenskirche ersetzte eine Notkirche, die sich als zu klein erwiesen hatte. Und so entstand ein modernes Gotteshaus.

Manche Gemeindeglieder werden mit etwas Wehmut an diese Zeiten, als die Zeche noch in Betrieb war, zurückdenken, wenn sie am Sonntag Abschied von der Kirche nehmen. Es gibt aber einen kleinen Trost. Für jeden Besucher gibt es eine Karte mit dem Foto des "Lebensbaums" aus Schiefer. "Und auf der Rückseite ist ein kleines Schieferstück des Originals befestigt", verrät Pfarrer Frank Rusch. So können die Gläubigen buchstäblich ein kleines Stück der Kirche mit nach Hause nehmen. Was mit den größeren Schiefertafeln passieren soll, darüber sei man mit dem Architekten Jan Kamper noch im Gespräch. Vielleicht könne man sie für eine Installation im neuen Gemeindezentrum verwenden, meint Rusch. Natürlich werden auch die Bibel und die Altarausstattung aufbewahrt, ebenso die Kanzel, ein modernes Kunstwerk. So wird die Erinnerung an die Kirche am Bendschenweg bewahrt.

Der letzte Gottesdienst in der Friedenskirche, Bendschenweg 88, beginnt morgen, Sonntag, um 11 Uhr. Anschließend ziehen die Teilnehmer zur Dorfkirche nach Neukirchen. Für Gläubige, die nicht gut zu Fuß sind, ist ein Bus organisiert worden. Anschließend wird zu einem kleinen Empfang eingeladen.

(s-g)
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